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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 09/2025:
Fawel vom Naachtbubeller unn de Kerz von Lucien Schmitthäusler
Nachtfalters Neugierde
Der Text Fawel vom Naachtbubeller unn de Kerz des Lothringer Autors Lucien Schmitthäusler ist Mundarttext des Monats im September 2025, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt.
Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, um ein weiteres Mal daran zu erinnern, dass Sprache sich weder um Staatszugehörigkeit noch um Grenzverläufe scheren muss.
Zur Bosener Gruppe gehören:
Über den ausgewählten Text schreibt die saarländische Autorin Hildegard Driesch:
Unser Text des Monats stammt von einem meisterhaften Fabeldichter aus Lothringen, von Lucien Schmitthäusler. Er wurde 1935 in Saargemünd als Franzose geboren, wäre also in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden. Als er fünf Jahre alt war, wurde er Deutscher, nach dem 2. Weltkrieg ist er wieder Franzose geworden. Er starb im Jahr 2020. Als Autor ist es ihm gelungen, die Staatsgrenzen durch die und mit der gemeinsamen Sprache zu überwinden.
Seine Sprache war das Rheinfränkische, - egal ob er Franzose oder Deutscher gewesen ist - , wie es in der Saargemünder Gegend gesprochen wird, oder muss man eher sagen: gesprochen wurde, denn auch dort wird die Mundart durch die Hochsprache zurückgedrängt. Hätte es jemand deutlicher ausdrücken können als der Autor selbst, wenn er sagt:
„Ich bin e Lothringer unn min Frind, de Pat, isch e Lorrain. Das isch, was uns trennt unn was uns bind.“
Lucien Schmitthäusler begann im Jahr 1984 mit dem „Blattschreiwe“. Er veröffentlichte mehrere Bücher; hervorzuheben ist die Übertragung „La chèvre de Monsieur Seguin“ (Die Ziege des Herrn Seguin) von Alphonse Daudet (1840 – 1897, einrm erfolgreichsten französischen Schriftsteller seiner Zeit) ins Rheinfränkische und die Mitwirkung an dem Kinderbuch: „Kinnerlieder“/ „Poèmes Lorrains“ mit Märchen in Lothringer Platt. Er hat mitgewirkt in Radio- und Fernsehsendungen. Als bekannter Lothringer Schriftsteller aus der rheinfränkischen Sektion verbrachte er auf Einladung sogar mehrere Wochen in Chile. Er erhielt neben anderen Auszeichnungen den Hans-Bernhard-Schiff-Preis und den Preis „Semainier des Poêtes.“ Der Autor gehörte der Redaktion des „Paraple“ des Vereins Gau un Griis an. Er war Teilnehmer beim Bosener Mundartsymposium und war Mitglied der Bosener Gruppe.
Was sollte der Text des Monats ein anderer sein als eine Fabel? Eine Fabel, ganze neun Zeilen kurz, in der der Autor den Naachtbubeller, den Nachtfalter beobachtet, der „wie die Motte ums Licht“ um die Kerze herumschwirrt. Diese Neugier wird ihm zum Verhängnis. Und die Moral von der Geschicht: „Jedi Entdeckung dut gar weh“, man kann es auch übertragen: Wenn man seine Neugier nicht zügelt, kann das durchaus schmerzhaft enden. Ob man Lehren daraus zieht? Eher nicht …
Fawel vom Naachtbubeller unn de Kerz
Dief in de Seel, o wunnerlich, froot’er sich, was Kerzelicht isch, de Naachtbubeller. Er dreht unn dreht als um die Flàmm, betz das Gehemnis ihne schtràmm werft in de Suppeteller. Jedi Entdeckung dut gar weh, doch will mà wisse, meh unn meh – so wie de Naachtbubeller.
noh: „Tausendundeine Nacht“
Lucien Schmitthäusler