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die Bosener Gruppe

Text des Monats

Monat 11/2024:
Jedes Johr im Herbschd von Helga Schneider

Wenn Gräber an Krieg erinnern

Helga Schneider
Helga Schneider

Das Gedicht Jedes Johr im Herbschd der in Kaiserslautern lebenden Autorin Helga Schneider ist Mundarttext des Monats im November 2024, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt.

Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er präzise und schnörkellos aus der Zeit gefallen zu sein scheint und doch sich punktgenau im Jetzt einpasst.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgewählten Text schreibt die saarländische Autorin Hildegard Driesch:

„Jedes Johr im Herbschd“ ist der Monatstext von Helga Schneider überschrieben. Er ist erschienen im Lesebuch zu den 2. Saarländischen Mundarttagen (1994). Die Mundartautorin ist ohne Übertreibung „die große Dame“ der rheinfränkisch-pfälzischen Sprache“.

Helga Schneider, im Kriegsjahr 1940 in Kaiserslautern geboren, pensionierte Lehrerin, hat die Tiefen der Kriegs- und Nachkriegszeit nicht vergessen. Sie begann mit dem Schreiben im Jahr 1990. Man darf annehmen, dass die schweren Zeiten ihrer Kindheit ihr Schreiben beeinflusst haben. Ihre Texte haben Tiefgang, es gibt keine Oberflächlichkeit. Die Pfälzer Heimatsprache ist ihr Handwerkszeug. Oder muss man sagen: Mundartwerkzeug? Helga Schneider schrieb und schreibt in Prosa und Reim, Theaterstücke, und religiöse Texte.

Sie ist Mitglied der Autorengruppe Kaiserslautern, des Literarischen Vereins der Pfalz und der Bosener Gruppe. Ihre Texte sind erschienen in Zeitschriften und Anthologien. Helga Schneider hat folgende Bücher veröffentlicht:

Über zwanzig Mundartpreise und Auszeichnungen hat sie im Laufe der Jahre erhalten, neben anderen den Sonderpreis der Völklinger Platt, den Goldenen Schnawwel, mehrfache Auszeichnungen beim Bockenheimer Mundartwettstreit und, und.

Der Text „Jedes Johr im Herbschd“ besticht durch seine Aktualität. Man stellt sich vor: Es klingelt. Zwei junge Leute in der Ausgehuniform der Soldaten stehen vor der Tür, halten die Sammelbüchse hoch und bitten höflich um eine Spende. Ein Gedankenblitz: Sind denen die Panzer alle auseinandergefallen, oder muss man jetzt für Raketen oder sonstiges Kriegsmaterial spenden? Wie weit sind wir gekommen? Nein, es ist die alljährliche Sammlung der Kriegsgräberfürsorge. Soldatenfriedhöfe, große und kleinere, dort braucht niemand Panzer und Waffen, keinen Raketenlärm, dort hat kein unheiliger Kriegstreiber mehr das Sagen, dort finden sich, aufgereiht unter Kreuzen und Denkmälern, die Opfer der Größenwahnsinnigen, die ausgelöschten Leben. Dort gibt es nicht mehr Freund und Feind. Die Friedhöfe, sie werden oft gepflegt von jungen Menschen aus aller Herren Länder, die ihre Ferien, ihren Urlaub opfern für den Erhalt der Gräber. Soldatengräber, Soldatenfriedhöfe, sie werden nie ein Ende nehmen.

Jedes Johr im Herbschd

Jetzt rabbeln se
wirrer
wie jedes Johr im Herbschd
die Sammelbichse

net
fer die Panzer
net 
fer die Rakete
net
fer die Bombe
net
fers Giftgas

bloß
fer die Gräwer
bloß
fer die Gräwer

Helga Schneider