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Text des Monats

Monat 02/2024:
Ruuh von Hilde Marie Hartmann

In und aus Ruhe wachsen

Das Gedicht Ruuh der saarländischen Autorin Hilde Marie Hartmann ist Mundarttext des Monats im Februar 2024, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er im Winter beheimatet, aber im Kern jahreszeitunabhängiger ist.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgewählten Text schreibt die saarländische Autorin Hildegard Driesch:

Der Text des Monats „Ruuh“ entstammt der Feder von Hilde Marie Hartmann. Die Autorin ist 1954 geboren und lebt in Saarbrücken-Dudweiler. Sie kam erst mit 55 Jahren zum Schreiben und hatte seither viele Auftritte bei Mundartveranstaltungen, zuletzt meist im Kreis Neunkirchen mit der Mundartgruppe des VLS. Veröffentlicht hat sie in Anthologien und im „Paraple“. Einige Satiren, meist hochdeutsch, erschienen auch im „Guddsje“, dem Heftchen, das Mittellose auf Saarbrücker Straßen verkaufen. Ihr anderes, älteres Hobby ist fotografieren in der Natur.

„Ruuh“, ein Wintertext, ein Text ohne Schnörkel, in jeder Zeile eine Erklärung. Das Samenkorn ruht in der Erde, in der Winterkälte, bedeckt vom Schnee. Was soll aus diesem Körnchen werden? Aber wir sollen es besser wissen. Das Samenkorn, ein „Kaltkeimer“, braucht neben der zeitlichen Ruhe auch den Frost, um nach der Kälte zu neuem Leben zu erwachen. Die Autorin zieht den Vergleich zwischen dem Leben des Samenkorns und unserem menschlichen Leben. Auch uns tut es gut einmal abzuschalten, ein bisschen „dussmong (doucement) zu machen“, einen Gang zurückzuschalten. Freuen wir uns, dass der Schnee den Alltagslärm verschluckt, kommen wir zur Ruhe, genießen wir das „Heimelige“, vor dem Ofen und in uns selbst.

Ruuh

Es Saamekorn leid in der Erd
un leid – un waad – un leid

Wer denkt, das wär fier nix 

der geht schwer err (irr) –

es brauch die Kält

un aach sei Ruuh

Es sammelt sich

bevor’s kann treiwe
Aach unser Lääwe 
kann alsmol Ruh gebrauche
un bisje Langsamkäät
Wenn alles Laude is verschluggt
vom waddeweiche Schnee –

dann gebbt’s dehemm am Oowe

un aach im Herz

ganz häämelich 

Hilde Marie Hartmann