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Text des Monats

Monat 06/2023:
Dehäm von Berthold Sell

Blick zurück auf daheim

Das Gedicht Dehäm des saarländischen Autors Berthold Sell ist Mundarttext des Monats im Juni 2023, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Der Text wurde ausgesucht, so Peter Eckert, Autor und Sprecher der Gruppe, weil darin die rasant fortschreitenden Veränderungen der uns umgebenden Natur auf erschreckende Weise deutlich werden.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgewählten Text schreibt die Autorin und Sprecherin der Bosener Gruppe Karin Klee:

Nicht immer weiß man etwas über einen Autor oder eine Autorin. Sucht man im Internet nach Berthold Seel, stößt man unweigerlich auf das Buch „Die Mundart der Gemeinde Nohfelden“ aus dem Jahr 2005 und ist damit schon einen guten Schritt weiter. Der Text „Dehäm“ ist dort zum ersten Mal veröffentlicht worden. Darin erinnert sich der Autor an sein wohl prägendstes Heimatgefühl: die Momente, in denen es allein ihn und um ihn die weitgehend intakte Natur gab. Diese Erinnerung erscheint angesichts der immer stärker voranschreitenden Veränderungen in unserer Umwelt wie ein Bild aus einer längst vergangenen und für immer verlorenen Zeit. Ruhe im Wald finden – schwierig, wenn nicht unmöglich. Schatten unter Bäumen suchen – die skelettierten Wälder können nicht einmal mehr Trost spenden. So endet das Gedicht mit dem nachdenklich mahnendes Seufzer, der uns daran denken lässt, dass es unserem natürlichen Zuhause schon mal besser gegangen sein muss.

Dehäm

Dehäm, dehäm, wat woor dat scheen
Wei'rab vom bräre Pad se gehen!

Die Viehl, se senge em Geäschd,
Et Reh dorch junge Fischde breschd.
Die Blume bont, et Gras so grien -
Ruhd ma drenn ous, die Wolge ziehn
Wie Watt aam Himmel, der so bloo,
Die Grelle zerbe wei'r'o noh.
Et Bächelje gluckt aam Gefäll,
Em Kiss dö blinkt et silvrisch hell!

Dehäm, dehäm, wat woor dat scheen,
Wei'rab vom bräre Pad se gehen!

Die Ruh em Wald, die Sonn aam Hang
Et Schaddespill aam Wäsch entlang.
Die Quell, se läfd noch munda fort,
Ganz zugewaasd de alde Ort,
Wo ich so ofd mich ousgeruhd
Aam Waldrand enn de Owendglud! -
Die Aue zu – da kann em Rousche
Vom Wald ich meina Jugend lousche.

Dehäm, dehäm, wat woor dat scheen,
Wei'rab vom bräre Pad se gehen!

Berthold Sell

Aus: „Die Mundart der Gemeinde Nohfelden“, Berthold Sell, Autoedition 2005