Text des Monats

Monat 11/2022:
Frirren von Friedrich Ebert

Das Bekenntnis der Lippe

Das Gedicht Frirren des aus Püttlingen stammenden und in Wadern lebenden Autors Friedrich Ebert ist Mundarttext des Monats im November 2022, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe geeinigt. Dieser Text wurde ausgewählt, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil es einen lyrischen Blick auf die Ambivalenz von Frieden und Krieg wirft, deren Zusammenhänge man oft nicht zu begreifen vermag.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgesuchten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:

Frieden, ein großes Thema: „Süßer Friede, komm …“ heißt es bei Goethe in „Wanderers Nachtlied“. Dagegen preist ein Zeitgenosse, der preußische General Clausewitz (1780-1831), den Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, eine derzeit hierzulande kaum mehrheitsfähige These. Aus der Mode geraten sind auch Liedzeilen wie „Im Felde ist noch der Mann was wert“ oder, für kleine Knaben, „Wer will unter die Soldaten“. Auf eine „originelle“ Sichtweise zu Krieg und Frieden verweist wiederum Clausewitz in einem Bonmot: „Der Eroberer ist immer friedliebend, er zöge ganz gerne ruhig in unseren Staat ein.“

Friedrich Ebert aus Wadern ist 1933 in Püttlingen geboren. Die Prägung seiner Kindheit im Dritten Reich, großenteils im Zweiten Weltkrieg, macht ihn zu einem sensiblen Beobachter des großen Weltgeschehens ebenso wie des Mit- und Gegeneinanders von Menschen im Kleinen, Alltäglichen. Sein Gedicht (entstanden 1983) zeigt auf, wie sehr Strukturen beider Lebenskreise sich mitunter ähneln, wenn teuflische Giftsaat des Hasses „gute Kräuter“ verdrängt und Schwestern und Brüder gegeneinander aufbringt. Allenfalls mag das, was im Kleinen rasch zu durchschauen ist, im Großen genaueres Hinsehen erfordern: Immer wieder erweist sich stete Beteuerung von Friedensliebe als nicht mehr denn bloßes Lippensbekenntnis: Friede ja, wenn es gewaltlos nach „meinem“, also dem einzig relevanten Willen geht. Im Großen heißt das, wie der aktuelle Krieg zeigt: Gigantische Summen für Bomben und Granaten gibt der Aggressor „nur“ aus für den Fall, dass andere nicht seinem, sondern ihrem eigenen Willen folgen. Und selbstverständlich lässt sich sogar mitten im Morden und Zerstören die eigene Friedensliebe beteuern. „Ich aach, ich aach!“ Ich aach? Und wer nicht? Goldene Worte sagen nichts, wo Taten eine andere Sprache sprechen.

Frirren

Ich sinn fò Frirren,
ich aach, ich aach.
Ma seeret lòò unn loò
näkscht jeeren Daach.

Unn iwwăall
änn uusă Welt,
dòò gift geschafft
fò’n Huffen Geld
òòn Bumben, ach,
unn òòn Granaten.
Da Satan hat gegraaw
lòò änn dem Gaaten,
hat Giftkäären
dränn ussgeleet,
hat mònch
gutt Kreită russgefäät,
hat Schweschdăn, Briiră
hännănònnă brung.
Vill Frăăd is furt
bei Alt und Jung.

Ich will de Frirren,
ich aach, ich aach!
Se schreien’t haut
näkscht jeeren Daach.

Friedrich Ebert

Aus „Is es nit so“ (1983)

Hinweis des Dichters:
Der ă-Laut entspricht einem Mischlaut zwischen a und ä.