Text des Monats

Monat 08/2022:
Summertheader von Renate Demuth

Mords-Sommertheater

Das Gedicht Summertheader der in Kaiserslautern lebenden Autorin Renate Demuth ist Mundarttext des Monats im August 2022, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er in einem sprachlichen Wort-Gewitter zeigt, wie beeindruckend und gleichermaßen beängstigend es ist, der Macht der Natur ausgeliefert zu sein. Am Ende bleibt dem Menschen nur die nassforsche Anmerkung, dass er, so er denn vor die nicht vorhandene Wahl gestellt sein sollte, auf eine solche Urgewalt dann doch lieber verzichtet.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgesuchten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:

Auch wenn es alle schon oft erlebt haben, steht das alte Stück unerbittlich immer wieder auf dem Spielplan. Mal stark gekürzt inszeniert, mal ausufernd lang, mal viel Lärm um (hoffentlich) nichts, mal minimalistisch verhalten. Nie aber kann das Publikum sicher sein, nicht selbst ins Spiel einbezogen zu werden; nicht interaktiv, sondern einseitig als Opfer.

Der Text schildert ein Gewitter im Gewand der „Freilichtvorstellung“ eines unwillkommenen Sommertheaters, erlebt in schwül-schmieriger Luft vom „Logenplatz“ am Fenster aus. Vor geschlossenem Vorhang improvisieren zunächst Stechinsekten, Frosch und im Tiefflug jagende Schwalben. Es folgt, von Wasserspielen untermalt, die „Lightshow mit Soundeffekten“, beides beeindruckend und erschreckend. Und die Sirene deutet an, dass aus „Spiel“ irgendwo Ernst wurde.

Aus ihrer kritischen Haltung zur Aufführung macht die Berichterstatterin von vornherein keinen Hehl. Ob sie allerdings tatsächlich ihr Abonnement los wird, ist bei dieser Art „Zwangsvorstellung“ mehr als fraglich.

Der in Kaiserslautern lebenden Renate Demuth gelingt mit diesem Gedicht ein Stimmungsbild, das – ironisch verpackt – den sachlichen Bericht verknüpft mit dem Schrecken, aber auch der Faszination, die von diesem Naturschauspiel ausgeht.

Summertheader

Schmurich die Luft.
Duschber vun jetzert uff glei.
Hinner Wolgewand bruddelt’s,
zuckt’s feirich allegebott.
Singvechel veschäächt,
nor e Frosch rewellert.
Schäle Migge, Schnoogeschwärm
gammere nohm rode Imbs.
Schwalwe uff Zack,
latze sich im Diefftuuch.
Alsemo drebbselt’s.
Nadur probt de Ufftritt.
Bibberich de Oochdem aangehall.
Was heit wohl gebott werd?
Net schunn widder Gewidder!

Vorhang uff memm Dunnerschlaach. Biehn frei!!!
Gebladders – Gekiwwels – Gerummbels – Gebollers –
weiß-glieriche Feile vun owwe noh unne – eriwwer – eniwwer – 
mordsmäßich Spegdagel druff unn dewedder – 
Gejomers vun Kinner – irchendwo e Sireen …

Fa mich reserveert – 
de Looscheplatz owwe am Fenschder.
Ich häng in de Säle – 
daddrich die Beejn, rammdeesich de Kopp
unn arich viel Schiss.
Kä Bock meh uff Drama.
Bloß kä da capo!
Mer langt s.
Ich blos uff mei Abo,
mach dabber die Fladder,
kann s gar net veknuse – 
’s groß Summertheader.

Renate Demuth