Text des Monats

Monat 02/2022:
Wääsch was ich mään? von Traudel Kern

Verfloskelt und rundgedichtet

Das Lied Wääsch was ich mään? der aus dem badischen Meißenheim stammenden und am 28. Dezember 2021 verstorbene Autorin und Liedermacherin Traudel Kern ist Mundarttext des Monats im Februar 2022, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil sie darin die Phrasendrescher mit deren eigenen Mitteln bloßstellt.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgesuchten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:

Der Münchener Komiker Karl Valentin führt in einer 1940 entstandenen Szene ein Gespräch vor, in das in kurzen Abständen ein bekräftigend gemeintes, aber durchaus entbehrliches „gell!?!“ eingeflochten ist. Als abschreckendes Beispiel stellt er einen Bekannten vor, der, befallen von der „Gellpest“ nur noch „Gellgellgell...“ sagen kann. Christian Morgenstern schreibt 30 Jahre früher in einem Gedicht seiner Kunstfigur „Korf“ die Erfindung einer Brille zu, die aus allem durch sie Gelesene das Unwesentliche entfernt, so dass nur die reine Informationsessenz letztlich ankommt.

Die vergleichbare Hörhilfe erfindet Traudel Kern zwar nicht, aber ihre amüsante Beschreibung ausufernder Redundanz könnte ein erster Schritt sein. Wir wären wohl alle ohne große Mühe in der Lage, die in ihrem Lied enthaltene Liste der in Gespräche „neigeflickten“ Füllwörter ganz erheblich zu erweitern.

„Saamámòò“, ich wäre „irjendwie“ durchaus „an der Stell“ in der Lage, „prakdisch“ jeden beliebigen Satz „anfirrsich“ durch „eschd“ nichtssagende Floskeln „mehr odder wenischer“ aufzublähen, „niwòhr“. Eine Pointe dabei: Fast immer fallen derartige – je nach Stimmung als komisch oder lästig empfundene – Marotten nur bei anderen auf; im Eigengebrauch überhört man sie, ähnlich wie das eigene Schnarchen. So gesehen ließe sich Traudel Kerns Lied therapeutisch nutzen: Ab und zu mal hören oder lesen, und dann sich selbst zuhören.

Die pfälzische Liedermacherin Traudel Kern (1954-2021) lebte aber im badischen Meißenheim am Rhein; sie verstarb nach langer schwerer Krankheit im vergangenen Dezember. Auf zwei CDs ist eine ansprechende Auswahl aus ihrem umfangreichen, mehrfach ausgezeichneten Werk zu hören.

Wääsch was ich mään?

Es gebt Leit, die redden kann Satz am Stick,
stännich wern do Werter neigeflickt,
am Afang, am Enn un in de Mitt,
wääsch was ich mään?
Un wann Enner sou redd in dere Art,
kann sei, dass ma grad uff die Werter wart
un uff des nimmi hert, was er eichentlich saacht,
wääsch was ich mään?

Wääsch was ich mään, eichentlich, im Prinzip,
stell der vor, isch nit wohr, rumm oder numm, alla gud.
Wääsch was ich mään, jetz mol ehrlich irchenwie
un ä stickweit relativ, hi odder her, des nervt.

Un wann Enner sou babbelt
froocht ma sich, merkt der des selwer oder nit,
soll ma’s em saache, wär’s em recht,
odder kriecht ma Ärcher, weil er’s nit mecht?

Wääsch was ich mään, sozesaache hi un her, 
quasi, praktisch, weche mer,
wie g’saacht im Grund, ach kumm.
Wääsch was ich mään, ganz schä äfach samalsou,
mit Sicherheit hajo, hi odder her, des nervt.

Un dann gebt’s noch ä ganz spezielle Sort, 
die saachen nooch jedem dritte Wort:
Ääm, nit, nö, so, jo, grad, gell, ääää...

Wääsch was ich mään, eichentlich, im Prinzip,
stell der vor, isch nit wohr, des hääßt im Grund, na unn.
Wääsch was ich mään, letschennlich irchenwie
un ä stickweit relativ,
here mol her, des nervt.

Traudel Kern