Text des Monats

Monat 07/2021:
De verreent Summeranfang von Gerd Krieger

Ab morgen kommt ganz bestimmt der Sommer

Das Gedicht De verreent Summeranfang des Autors Gerd Krieger ist Mundarttext des Monats im Juli 2021, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe geeinigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er – obwohl schon einige Jahre alt – an Tagesaktualität nicht zu überbieten ist.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgesuchten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:

Sie ist doch eigentlich fast allseits beliebt, die Sommerzeit: sich von der Sonne bescheinen lassen, Ferien, ruhen, wenn nicht gar faulenzen, oder etwas unternehmen, was Freude macht, ja, damit lässt sich’s leben. Gegebenenfalls! Denn der Sommer kann auch Züge annehmen, die wenig sommerlich scheinen. Und es ist hier nicht anders als bei vergleichbaren Gelegenheiten: Das Lob des Sommers wird zwar auch gesungen, aber pointiertere Wortmeldungen gibt es dann, wenn es – und das ist ja nicht selten der Fall – nicht so kommt, wie man es gern möchte.

So beklagt Gerd Krieger nicht nur eigene Lustlosigkeit bis hin zur Trübsal und den verkümmernden Garten, sondern auch die unschönen Zeiten für Kinder, die überhaupt nicht verstehen, warum sie im Haus eingesperrt sind. Bleibt nur zu hoffen, dass das versprochene schöne Wetter „ab morgen“ auch wirklich kommt und nicht alsbald als Notlüge entlarvt wird.

Gerd Krieger (1920-2010), ist zwar geboren in Zweibrücken, zur Institution wurde er aber in Kusel, wo er am Gymnasium Französisch und Latein unterrichtete. Was er über viele Jahrzehnte hin in Mundart verfasste, ist stets geprägt durch menschliche Wärme und besondere Nähe zu dem, was zuweilen vielleicht als „gewöhnliches Leben“ gering geschätzt wird. Nachzulesen wäre das z.B. im Gedichtband „Pälzer Sproochunnerricht“. Besonders populär machten ihn aber seine mehrere Jahrzehnte hindurch in der Kuseler Ausgabe der Rheinpfalz veröffentlichten Mundartglossen, die ihm, da er mit „Eier Schorsch“ unterzeichnete den Spitznamen „Eierschorsch“ einbrachten; eine Auswahl erschien im Buch „Schunn widder e Jòhr erum“.

Die Stadt Kusel, deren Ehrenbürger Gerd Krieger wurde, ehrt ihn u.a. auch durch eine auf dem Platz am Heimatmuseum aufgestellte mannshohe wetterfeste Tafel, in die sein Gedicht „Lieweserkleerung“, eine Liebeserklärung an Kusel, eingraviert ist.

„Il pleure dans mon coeur
comme il pleut sur la ville"

De verreent Summeranfang

Es reent unn reent an eener Tour,
unn groo in groo sinn alle Strooße.
Mer hat fer gar nix Ambaschur,
mecht dauernd Triebsal blose
unn winscht sich nor das eene:
Däd’s endlich nimmieh reene!

Die Rose wolle net eraus,
hann iweraal schunn Knepp, ganz dicke.
Nor die Lupine unn de Mohn
duhn sich in’s Wedder schicke.
Hanstrauwe is de Reen se schwer -
Ach, wann’s nor endlich Summer wär!

Kee Hund jaat mer die Deer enaus.
Nor unser Kinner triweliere.
Die Mamme muß vor’m Schloofegehn
mit Säftcher se trakdiere
unn schickt se in die Bedder:
„Ab morje gebt’s scheen Wedder."

Gerd Krieger

Ambaschur: franz. „embouchure", Ansatz des Mundes an das Mundstück des Blasinstruments. Hier: Lust und Liebe zu etwas.