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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 04/2021:
Fre-ihjohr em Gaaden von Hildegard Driesch
Ein ungefährlicher Vorschlag
Das Gedicht Fre-ihjohr em Gaaden der in Dillingen-Pachten lebenden Autorin Hildegard Driesch ist Mundarttext des Monats im April 2021, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er in aller Ruhe darauf hinweist, was es aktuell abseits des täglichen Krisenmangements zu sehen und zu erleben gibt.
Zur Bosener Gruppe gehören:
Über den ausgewählten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:
Ein aktuelles Gedicht? Wie man’s nimmt: Jahreszeitlich gesehen passt es zweifellos. Aber passt es auch in die Welt, so wie sie sich im Augenblick präsentiert? Als Hildegard Driesch ihr Stimmungsbild „Fre-ihjohr em Gaaden“ schrieb, waren sicher auch nicht gerade goldene Zeiten, wann hätte es die bei realistischer Betrachtung je gegeben? Dennoch: Was derzeit selbst bei notorischen Optimisten und Frohnaturen an der Lebensfreude nagt, war noch in weiter Ferne, und man hätte es kaum für möglich gehalten.
Sagt es also jetzt, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, etwas aktuell Wesentliches? Wie gesagt: Wie man’s nimmt. Zweifellos kann es kein Patentrezept gegen die aktuellen immensen Herausforderungen im Großen oder im ganz persönlichen Leben sein, sich in den Garten oder auch einfach in die freie Landschaft zurückzuziehen und der Welt den Rücken zuzudrehen.
Andererseits: Das schlichte, gänzlich oder fast kostenlos zu erlebende Leben ist, ob man will oder nicht, ein unaufdringlicher Gegenentwurf zu einer Welt, die ohne Sinn und Verstand Ansprüche auf Ansprüche türmt – und entgeistert zuschauen muss, dass auch dieser Nachkomme des Babylonischen Turm in sich zusammenfällt.
Man muss das Gedicht natürlich nicht mit so viel Bedeutung beladen, vielleicht gar überladen. Aber der Vorschlag, den es unterbreitet, ist, ob Dichtung oder Praxistipp, in jedem Fall bedenkenswert.
Fre-ihjohr em Gaaden
De Sonn scheggd erschd warm Schdrahlen aus: »Komm dabba en de Gaaden raus, net schaffen, äänen rouen. Saum dich net on schnabb da feks de Tuut met Woll on met Geschdreggs. Sonschd brauchschd de naichd se douen. Bässa noch, lääschd dich ennd Graas; lou, wie es datt schonn gewaaß en den lätschden Daan. Gonn da weil en half Schdonn Rouh, dabäschd machschd glaich de A-uen zou, horch da de Welt mòl aan.« E Koorbiebchen machd sich e Schbass, huggd sich medden of dein Naas on dau kre-ischd e Schregg. Sain Mändelchen es schwarz on rot getubbd grad nòh da nauschden Mod. Schwubbs, schon fle-ihd et weg. Wo wellschd de hin, du winzisch Dengen, fle-ihschd’ gäär bai de Schmäddalingen? Seechd dò met zarda Schdemm: »Kommen nääß, dir Kameraden, wodroff mòònen da noch waaden? Da Wenda es wail remm.«
Hildegard Driesch