Text des Monats

Monat 02/2021:
Rondo von Rose­marie John-Hain

Genau so schließt sich der Kreis

Das Gedicht Rondo der im rheinhessischen Nieder-Olm beheimateten Rose­marie John-Hain ist Mundarttext des Monats im Februar 2021, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe geeinigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er in seiner knappen Exaktheit spielerisch und fast zu übersehen ein existentielles Fass aufmacht.

Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgewählten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:

Es dreht sich alles im Kreis. Und wenn es kein richtiger Kreis ist, macht das auch nichts, wenn nur irgendwann nach längerem oder kürzerem Weg das Ende wieder mit dem Anfang zusammentrifft. Oft vollzieht sich das so schleichend, dass man es gar nicht wahrnähme, gäbe es nicht die Hilfsmittel Uhr und Kalender.

Will man es „ganz hoch aufhängen“, werden von Rosemarie John-Hain im vorliegenden, spontan zumindest zum Schmunzeln reizenden (durchaus auch an ein Perpetuum mobile erinnernde) „Rondo“ mehrere Gedanken kunstvoll miteinander (es geht immerhin um Haare) verflochten: das stets Wiederkehrende, das Gefühl der Selbstentfremdung und der Kampf um die eigene Identität. Und zur Erheiterung kommt dann auch noch das Nicken: ja, genau! Das verstehen sogar die, denen dieser Kampf (vorerst?) noch erspart bleibt. Und das alles kommt nicht lang und breit daher, sondern leichtfüßig, kurz, knapp – und dennoch ist alles gesagt.

Als selbstständige Veröffentlichungen hat Rosemarie John-Hain aus dem rheinhessischen Nieder-Olm zwischen 1989 und 2004 allein acht eigene Bücher (plus ein Vorläufer-Bändchen) verfasst. Ob sie alltagsphilosophische Gedankengänge, aktuelle Erlebnisse und Beobachtungen oder Erinnerungen zu Papier bringt, ob Gedichte, Geschichten oder Tatsachenberichte: Hier meldet sich eine Frau zu Wort, die mit beiden Beinen im Leben stand und steht und die die Kunst beherrscht, das, was sie zu sagen hat, in überzeugender Form vorzutragen.

Fast als „normal“ darf man bei ihr erwarten, dass man in den ernsten wie in den pfiffigen Texten eigene Erfahrungen entdeckt und manchmal auch glaubt, in einen Spiegel zu schauen.

Rondo

Wann ich bei de Friseur muß,
ärjer ich mich
iwwer die Zeit, wo ich verdu
un iwwer des Geld, wo ich enausschmeiß.

Wann ich vum Friseur kumm, 
seh ich aus wie moi Mudder.

Wann ich widder ausseh wie ich, 
muß ich widder bei de Friseur.

Rose­marie John-Hain