Text des Monats

Peter Eckert
Peter Eckert

Monat 12/2019:
Nie widder? von Peter Eckert

Unmittelbar und wahr

Das Gedicht Nie widder? des saarländischen Autors Peter Eckert ist Mundarttext des Monats im Dezember 2019, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe bei einer Tagung geeinigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil seine Aussagekraft so stark ist, dass das Gedicht keiner bildhaften Sprache bedarf.

In ihrem „Bosener Manifest“ hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit zu würdigen. Als eine der selbstverständlichen Konsequenzen hieraus soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Preiswürdige Texte werden jeweils auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören:

Über den ausgewählten Text schreibt der saarländische Autor Gérard Carau:

„Nie wieder“ – die beiden Wörter, mit denen Peter Eckert sein Gedicht überschrieben hat, reizen dazu, ergänzt zu werden. Mit Modalverben: Nie wieder darf so etwas passieren. Nie wieder soll so etwas passieren. Stärker, zuversichtlicher: Nie wieder kann so etwas passieren. Und, ganz kategorisch mit „imperativischem Futur“: Nie wieder wird so etwas passieren. Was nicht mehr passieren darf, soll, kann oder wird, braucht nicht extra genannt zu werden.

Das Fragezeichen hinter den beiden Wörtern des Titels macht alle Zuversicht und Ahnungslosigkeit zunichte. Peter Eckert hat den Glauben an eine durch die (nicht nur Kriegs-) Erlebnisse und Erfahrungen der letzten Jahrhunderte und insbesondere des 20. besser gewordene oder besser werdende Menschheit gründlich verloren. Es ist nichts (Menschenmögliche) unmöglich, auch das Unmögliche ist möglich, auch das Unmenschliche, also alles. Und immer wieder. Wer das mögliche Unmögliche verdrängt oder sich wegträumt, ist blind und taub für die Gegenwart, in der er lebt – und hört eben die „Nachtigallen nicht trapsen“ und sieht eben nicht, was um ihn herum geschieht. Und bleibt, im besten Falle, stumm.

Nie widder?

So ebbes kinnd nie widder vòrkumme?
Das kinnd sisch nidd widderholle?
Das wär ausgeschloss forr all Zeide?
 
Will irjendwer in vollem Ernschd behaubde,
die Mensche wäre besser worr
odder weenischdens gescheider?
 
Wer behaubd, 
so ebbes wär nimmeh meeschlisch,
der, ob á will odder nidd, 
bereid de Wääsch forr’s näägschde Mòòl.
 
Unmeeschlisch is unmeeschlisch.
Nie widder – das gebbd’s nidd.
Alles is meeschlisch, alles. – 
 
Alles.

Peter Eckert