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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 07/2019:
Armer Künschdla von Hildegard Driesch
Er ist als verkannt bekannt
Das Gedicht Armer Künschdla der saarländischen Autorin Hildegard Driesch ist Mundarttext des Monats im Juli 2019, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe bei einer Tagung verständigt. Der Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er gleich mehrere Dilemmata der Kunst am Beispiel eines Musikers, der beständig mit sich selbst und um die Gunst des Publikums kämpfen muss, in Verse fasst.
In ihrem „Bosener Manifest“ hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit zu würdigen. Als eine der selbstverständlichen Konsequenzen hieraus soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Preiswürdige Texte werden jeweils auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören:
Über den ausgewählten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:
„Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.“ So reimte Wilhelm Busch vor 145 Jahren zu seiner Zeichnung eines „Bettelmusikantenchors“.
Vordergründig erinnert das an Hildegard Drieschs armen Künstler, vielleicht nur mäßig talentiert, bestimmt aber noch mäßiger erfolgreich. Immerhin scheint er begabt zu kritischer Selbstreflexion oder doch eher Selbstironie. Freimütig gesteht er, vielleicht Widerspruch erhoffend, niemand wolle seine selbst komponierten Lieder hören. Sogar selbst bemerkt falsche Töne, wenn er, um niemand zu stören, nur für sich weit draußen zum Klang defekter Instrumente in freier Natur singt. Oder ist das bewusste Schwarzmalerei, und er hat eine viel bessere Meinung von sich selbst? Wie sonst könnte er das hiesige unverständige Publikum hinter sich lassen und anderswo auf ein Land hoffen, wo man sein hier verkanntes Talent zu schätzen weiß?
Ein Musikantenschicksal, nahtlos übertragbar auf das Los anderer Künstler, z.B. der bildenden, für die wiederum Wilhelm Busch die traurige Erkenntnis beisteuert: „Leicht kommt man an das Bildermalen, doch schwer an Leute, die’s bezahlen.“ Und was schließlich die schreibende Kunst angeht, dürfte nicht wenigen Carl Spitzwegs „armer Poet“ in den Sinn kommen, der unter undichtem Dach im fragwürdigen Schutz des Regenschirms unbeirrt weiter dichtet, wenn auch wahrscheinlich nur für sich allein.
So bleibt wohl nur die traurige Erkenntnis aller armen Künstler, deren hohe Meinung von sich selbst das Publikum nicht teilt, sodass sie mangels Nachfrage ihre Kunst letztlich nur für sich selbst ausüben: Wer nicht kriegt, was er will, muss eben wollen, was er kriegt.
Armer Künschdla
Mein Talent es unbekannt, ich well mich net beschweren. Kää Mensch, gleich wo, em ganzen Land well meich je sengen heren. On seng ich nur for meich, zum Schein, ach ohne Mikrofon, so treff ich mäschd, et es zum Schrei’n, genau de falschen Ton. Ich benn en armer Komponist, well met Musig betören. Doch gar kää Mensch, wo a ach es, der well mein Lidda heeren. So komponier’ en Moll on Dur ich gar mònch Melodie. Doch horch de Leit: Datt wär doch nur gònz ohne Harmonie! Ich benn en armer Schlucker nur, dou’n scheints jedräänen schdeeren, zéihn durch’t Feld, durch de Nadur, brauch kääna mich se heeren. Da Holzwurm en da Flöt, der ächzt, de Klamp, die es kabutt, de Maulgei es vaschdemmd on krächzt, ich schmeiß se of de Schutt. Ich benn en armer Musikant on geh’n weit furt of Rääs, weis’ mein Talent em annan Land, wo ma’t se schätzen wäs.
Hildegard Driesch