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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 04/2019:
Riesin von Marlies Böhm
In Liebe zu einer Riesin
Das Gedicht Riesin der saarländischen Autorin Marlies Böhm ist als Mundarttext des Monats im April 2019 ausgesucht worden, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe bei einer Tagung geeinigt. Der Text wurde ausgewählt, so Peter Eckert, Autor und Sprecher der Gruppe, weil er mundartsprachlich hoch-poetisch ein wichtiges Stück saarländischer Arbeits-Kultur zum Thema werden lässt.
In ihrem „Bosener Manifest“ hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit zu würdigen. Als eine der selbstverständlichen Konsequenzen hieraus soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Preiswürdige Texte werden jeweils auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören:
Über den ausgesuchten Text schreibt Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Bosener Gruppe:
Die ersten Zeilen dieses Gedichtes der Dillingerin Marlies Böhm zeigen schon, dass es sich hier um etwas Größeres handelt. Es geht um eine Sie, die ein Dorf zu einer Stadt hat werden lassen. Diese Dame greift mit ihrer Lautstärke und ihrem Treiben in das Leben aller, die sich dort aufhalten, ein. Wie gewaltig und fast gewalttätig diese Riesin sein muss, wird von Strophe zu Strophe deutlicher. Und endlich ist klar, wovon hier die Rede ist: Von dä Hett, der Dillinger Hütte, die am Ende „uus Hett“ ist. Wuchtig, laut, bedrohlich, furchterregend ist sie, diese Riesin. Sie spuckt Feuer, ihr schwefeliger Atem prägt Luft und Aussehen der Stadt – selten wurde das Bild eines Stahlwerkes poetischer und liebevoller gezeichnet.
Riesin
Aus ém kläänen Dorf hat se en Schdadt gemacht ón hat noch émmer alles én da Hand. Ihr Bréllern räjelt alles, wann vill ódder weenich Verkehr, wann de Bussen ón Zich fahren, wann se Méttach gäss géfft. Émmer dòò, nie schdéll. Se grómmelt, se ähnzt, kreischt manchmòò ganz bändalich. Heiß ón ròschdisch rot hóllt da Wénnt ihr faulischen Òhdem mét. Mét dénnen Féngern weist se dämpend gen Hémmel. Gròòen Schdaaf gähnt se aan nass Fénschderscheiwen. Männer schaffen. Ét Brellern rouft: Fréischicht – Méttachschicht – Nahtschicht. Uus Hétt.
Marlies Böhm