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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 02/2019:
Dä Zigarrenrauch von Johannes Kühn
Johannes Kühn wird 85
Bosener Gruppe ehrt ihr prominentestes Mitglied
Am dritten Februar wird er 85 Jahre alt, Grund genug für die Bosener Gruppe, das Gedicht Dä Zigarrenrauch des in Tholey-Hasborn lebenden Autors Johannes Kühn als Mundarttext des Monats im Februar 2019 auszuzeichnen. Diese Ehrung, so Karin Klee, Sprecherin der Gruppe und Autorin, soll Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung sein für einen Mann, der als Dichter und als Mensch – und womöglich neuerdings sogar als Biathlet – eine im besten Sinn herausragende Persönlichkeit ist.
In ihrem „Bosener Manifest“ hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit zu würdigen. Als eine der selbstverständlichen Konsequenzen hieraus soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Preiswürdige Texte werden jeweils auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören:
Zur Person Johannes Kühn und dem ausgesuchten Text schreibt der saarländische Autor Georg Fox:
Sechs Mundartautoren schlossen sich im November des Jahres 2000 zusammen. Es sollte ein Autorenkreis sein, der sich kontinuierlich um die Mundarten der Region bemüht. Dass der damals schon prominente Johannes Kühn in diesem Mundartkolloquium als Gründungsmitglied teilnahm, war allen eine große Ehre. Zu seinem 85. Geburtstag in diesem Monat hat die Bosener Gruppe seinen Text „Dä Zigarreraucher“ zum Mundarttext des Monats gewählt.
Zum Rauchen verlässt er nach dem Essen die Tafelrunde und spaziert ein paar Schritte vor dem Haus auf und ab. Johannes Kühn ist bescheiden, er möchte nicht aus der Reihe tanzen. Aber ein "Winkelgast“ oder "Schattenmann" ist er in der Runde der Mundartschriftsteller in Bosen keinesfalls. Kühn hört interessiert zu, nimmt aber auch Stellung zu den vorgetragenen Texten und wird in der Runde geschätzt als angenehmer Gesprächspartner. Wenn er sich zu Wort meldet, hat er meist abgewartet, bis die Diskussion einen gewissen Höhepunkt erreicht. Dann setzt er seine Schwerpunkte.
Der ausgesuchte Text vom Zigarrenraucher ist ein typischer Kühn-Mundarttext, der sehr genau beobachtet und anschaulich beschreibt. Kühn schnuppert dem Rauchnebel nach („eijsch reijschne gääre“). Die Zigarre wird ein Teil der Kommunikation („Ä schnawwelt von dene o dene“), wobei der Zigarrenrauch verfliegt wie die Gesprächsinhalte. Das Rauchen wird mit dem Gespräch in Bezug gesetzt. Das Rauchen ist eine Profession, das Schwätzen ebenfalls. Kühn ist der Dichter, der in seinen Texten das Unspektakuläre als Zeichen nimmt - Rauchzeichen, Indianerzeichen. Hinter der Zigarre, die wie ein Ritual zum Rauchen vorbereitet wird, bis sich der erste Rauch im Raum verteilt („dä Damp blubbert hoch o helt kä Enn“) kommt auch der Mensch zum Vorschein, der für ein Schwätzchen in die Stube kommt. Die Zigarre verleiht ihm eine gespielte Bedeutsamkeit. („ä macht wie de Hääre“) Der zweite Teil des Textes geht um das Gespräch („Ä schnawwelt, ä schwätzt“) über Belanglosigkeiten. Fast könnte man dahinter die sprichwörtlichen saarländischen „Hasengespräche“ erkennen. Man nimmt sie zur Kenntnis, misst ihnen aber keine Bedeutung bei. Alles ist Schall und Rauch. („dad gedd wie der Rauch nuur iwwer ääne“). Ein Gedicht voller ironischer Anspielungen, aber auch mit der bekannten Beobachtungsgabe aus der Ecke des Winkelgastes. Ein Meisterwerk der saarländischen Mundartliteratur.
Dä Zigarrenrauch
Aweile werred ball dämpe, ä es foor e Meddesmaij en uus Schduff komm, ä dutt de Zigarr scho feihle o zirrert med de Schlämpe o sobbelt, äs wie wenn ä wäär an dä Saij. O henne schneid ä mem Messerschi e Zuuchloch erenn, e Schdreischhelzi, bubs, sischt ed scho brenne, e zeiht wie e Professerschi, dä Damp blubbert hoch o helt kä Enn. E Newwel, eijsch reijschne gääre, gedd dursch de Schduff o hoch, ausem Fenschterluttschi e raus langs de Gewwel, ä macht wie de Hääre, em Zemmer hängd e Schmooch. Ä schnawwelt von dene o dene onn iwwerm Paschdoor seij Monatsgehalt, ä schwätzt onn ä zeiht, onn warrer doo schnawwelt, dad gedd wie der Rauch nuur iwwer ääne, off emoo es de Zigarr wirrer kalt.
Johannes Kühn