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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 06/2018:
Gewunne von Robert Schultz
Spielend krank im Alter
Das Gedicht Gewunne des in Landau/Pfalz zur Welt gekommenen Autors Robert Schultz ist Mundarttext des Monats im Juni 2018, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe bei seiner letzten Sitzung geeinigt. Der Text wurde ausgewählt, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, weil er es schafft, einer der vielen Unarten, die sich im Laufe eines Immerälterwerdens einschleichen können, mit Hilfe von Ironie und Skurrilität einen ganz eigenen Charme zu verleihen.
Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künstlern, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wertigkeit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins allgemeine Bewusstsein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören:
Zum ausgesuchten Gedicht schreibt der saarländische Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert:
Das gehört wohl zum „Lauf der Welt“: Junge Leute verstehen nicht, warum Ältere so oft von Krankheiten erzählen, ob schwere Leiden oder Zipperlein. Mit fortschreitendem Alter kann sich der Blickwinkel deutlich verschieben. Sobald man aus eigenem Fundus einschlägiger Histörchen erzählen kann, hat’s ein Ende mit mehr oder minder geduldigem Nur-Zuhören. Spätestens dann wird man begreifen: Es geht nicht nur darum, sich trostheischend gegenseitig etwas vorzujammern, wie es Robert Schultz – nicht notwendigerweise identisch mit dem „Ich“ im Gedicht – zur Einleitung sagt.
Sehr rasch kann die Konkurrenz der jeweiligen Krankengeschichten durchaus zu einem – mitunter verbissen geführten – Wettbewerb führen. Von einem solchen Zweikampf berichtet Schultz in unverkennbar ironischen Tönen. Bedenkt man, dass bislang ein „dickes Knie“ immerhin über Wochen die Position des Kränkeren zu sichern vermochte, kann man sich ohne große Mühe vorstellen, welche Wehwehchen dieser Eskalationsstufe vorangingen. Dass Konkurrentin Lensche jetzt triumphierend Gallensteine vorweisen kann, sichert ihr für die nächste Zeit die Führung. Zugleich schimmert aber die „Hoffnung“ des „Ichs“ durch, sie danach doch endlich wieder mit einer noch schlimmeren Krankheit überbieten zu können.
Wäre vielleicht nur noch zu fragen, wer von uns sich in dem hier vorgehaltenen Spiegel selbst erkennen kann.
Mer hänn uns immer gebraucht zum e bissel Vorjammere, d’ Lensche un ich. Seit Woche häbb ich Owwerwasser ghat mit mejm dicke Knie. Jetzt esch se grad vum Dokter kumme. Sou, wie se guckt, ahn ich nix Guudes. Mit emme Ruck schmeist se d’Hoor serick, schtreicht mit de Händ driwwer, hebbt's Gsicht noch owwe, e paar Sekunde garnix, Triumpf in de Ääche un dann: Galleschdää! In de nägschde Zeit häbb ich kää Chance mee.
Robert Schultz