Text des Monats

Petra Auernhammer
Petra Auernhammer

Monat 10/2017:
Drachelied von Petra Auernhammer

E Drachelied winkt dem Sommer nach

Das Gedicht Drachelied der aus Schmel­zer stam­men­den und in Tho­ley-Über­roth le­ben­den Au­to­rin Petra Auernhammer ist Mund­art­text des Mo­nats im Ok­to­ber 2017, dar­auf hat sich das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe bei sei­ne letz­ten Tref­fen ge­ei­nigt. Der Text wur­de aus­ge­sucht, so Ka­rin Klee, Au­to­rin und Spre­che­rin der Grup­pe, weil er ein ge­lun­ge­nes Bei­spiel für ein­fühl­sa­me Re­al­poe­sie ist und da­mit die star­re Sicht der Herbst­ge­dan­ken-Weh­lei­dig­keit sou­ve­rän au­ßer Acht lässt.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­such­ten Text schreibt der Jour­na­list und Au­tor Man­fred Spoo:

Pe­tra Au­ern­ham­mer wur­de im Mai 1959 in Saar­louis ge­bo­ren und ar­bei­te­te lan­ge Jah­re als Er­go­the­ra­peu­tin, be­vor sie sich aus­sch­ließlich der Schrift­stel­le­rei wid­me­te. Seit den 1970er Jah­ren schreibt sie Kurz­ge­schich­ten und ly­ri­sche Tex­te, die u.a. in Antho­lo­gi­en und ih­rem Buch „Zwi­schen den Zei­ten oder Wo steckt das schwar­ze Schaaf in der Ge­wit­ter­nacht“ (Kel­kel-Ver­lag, 2014) veröffent­licht wur­den.

Ih­re Mund­art­tex­te schreibt sie in Schmel­zer Mund­art. Da­zu sagt Pe­tra Au­ern­ham­mer: „Schrei­ben ist mei­ne Möglich­keit, große und klei­ne Emo­tio­nen, Epi­so­den und Mo­men­te fest­zu­hal­ten und da­von zu er­zäh­len.“ Lieb­lings­the­men der Au­to­rin sind das mensch­li­che Mi­tein­an­der und Be­geg­nun­gen mit dem Le­ben und der Na­tur in den vielfältigs­ten Fa­cet­ten. Aus ih­ren Tex­ten spricht Her­zenswärme. Das kann in ei­ner di­gi­ta­li­sier­ten Welt Mut ma­chen und da­zu an­re­gen, in un­se­rer ra­send schnell­le­bi­gen Zeit ein­mal in­ne zu hal­ten und den ei­ge­nen Blick auf die schein­bar klei­nen Din­ge zu rich­ten. So wie in ih­rem „Dra­che­lied“. Die Freu­de des Dra­chen, der die Welt von „ganz hegscht dro­wen“ be­trach­tet – im Wis­sen, dass je­der Som­mer, auch der Som­mer des Le­bens, in einen Herbst münden muss. Glück­lich, wer darüber mu­tig nach­den­ken kann, weil er et­was von sich wei­ter­gibt, an „datt Kind datt ahm Sähl­chin misch hält“. Pe­tra Au­ern­ham­mer lebt im be­schau­li­chen Über­roth, ei­nem klei­nen Orts­teil der saar­ländi­schen Ge­mein­de Tho­ley. Un­ter dem Ti­tel „Som­mer­gar­ten Ku­rio­sum“ ver­an­stal­tet die Au­to­rin Le­sun­gen in ih­rem Gar­ten und ist auch ein gern ge­se­he­ner Gast bei öf­fent­li­chen Li­te­ra­tur­ver­an­stal­tun­gen.

Drachelied

Wend, Wend,
holl misch mett geschwend
onn wejs mä de Welt
van owen!

Häw misch hoch
bej de Sonn,
bej de Wollken onn schonn
danz ejsch aach for dejsch
ganz hegscht drowen!

Treh misch zart eroff!
Komm, ejsch waarten schon droff,
iwwer Wiese onn Feldä,
iwwer Aauen onn Wäldä,
loss misch danzen onn lachen,
datt Kind glecklich machen,
datt ahm Sählchin misch hält,
hat all Frähd van dä Welt.

Doch dä Sommä, dä Sommä moss gejn!
Komm mä wenken em noch!
Mä wenken,
onn doch,
ess dä Herbscht,
dä Herbscht schon se sejn!

Petra Auernhammer

Aus „So schwäddse mir im Landkreis Saarlouis“, Anthologie, Kelkel-Verlag 2016