Text des Monats

Bruno Hain
Bruno Hain

Monat 09/2017:
Ausnahm von Bruno Hain

Gruß aus vor-digitalen Zeiten

Das Gedicht Ausnahm des aus dem pfä­lzi­schen Böhl-Ig­gel­heim stam­men­den Au­tors Bruno Hain ist Mund­art­text des Mo­nats im Sep­tem­ber 2017, dar­auf hat sich das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe ver­stän­digt. Der Text wur­de aus­ge­sucht, so Ka­rin Klee, Au­to­rin und Spre­che­rin der Grup­pe, weil er ein Bei­spiel dafür ist, wie ein Ge­dicht ge­konnt präg­nant und zeit­los auch grö­ße­re Zeit­ab­schnit­te mit­samt ih­rer tech­ni­schen „Er­run­gen­schaf­ten“ über­dau­ern kann.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­such­ten Text schreibt der Au­tor und Spre­cher der Bo­se­ner Grup­pe Pe­ter Eckert:

Bru­no Hain ist ei­ner der be­kann­tes­ten Mund­art­au­to­ren der Pfalz, si­cher nicht zu­letzt auch we­gen des brei­ten Spek­trums der The­men, die er auf­greift.

Ein Vier­tel­jahr­hun­dert alt ist die­ses Ge­dicht und scheint doch aus ei­ner an­de­ren Welt zu kom­men. In­ter­net war Spiel­zeug für Spin­ner. Funk­te­le­fo­ne gab’s in Au­tos von Ma­na­gern, sünd­haft teu­er Spaß. Und bri­kett­große Han­dys schlepp­te man nicht oh­ne be­son­de­ren Grund mit sich her­um. Man müss­te an­ge­sichts all­ge­genwärti­ger Elek­tro­nik heu­te ei­ne Wei­le über­le­gen, wel­che „Tech­nik­ferz“ da­mals Un­wil­len und Ver­wei­ge­rungs­hal­tung des be­trof­fe­nen „Ichs“ er­reg­ten. Wä­re da nicht der schein­bar un­schul­di­ge letz­te Satz, der doch noch die Brü­cke schlägt von heu­te zu die­sem Ges­tern und zu je­dem be­lie­bi­gen Vor­ges­tern. Ganz egal, wie – aus heu­ti­ger Sicht – rückständig die Tech­nik mal war, und ganz egal, wie di­gi­tal un­se­re Zu­kunft noch wer­den wird, ei­nes bleibt ana­log und wird ana­log zu den Mög­lich­kei­ten eher noch zu­neh­men: die mensch­li­che Ei­tel­keit. Längst zählt nicht mehr der ge­druck­te Na­me im Te­le­fon­buch als Sta­tus­sym­bol, da geht es heu­te doch ganz an­ders zur Sa­che. Aber die Er­kennt­nis be­wahr­hei­tet sich im­mer wie­der (und es wä­re zu über­le­gen, ob sie wirk­lich tröst­lich ist): Men­schen sind und blei­ben Men­schen.

Ausnahm

s kummt mer
nix ins Haus
vun dene
neimorische
Technikferz
außer e
Telefon!
Weil donn
konn ich donn
endlich mol
im
Telefonbuch
moin Name
gedruckt sähne.

Bruno Hain

Der Text stammt aus dem Band „Schluck fer Schluck“ von Bru­no Hain, er­schie­nen 1993 beim cjm-Ver­lag Spey­er.