Text des Monats

Hein­rich Kraus
Hein­rich Kraus

Monat 06/2017:
Mei Hol­ler von Hein­rich Kraus

Ganz günstig glücklich

Das Ge­dicht Mei Hol­ler des in St.Ing­bert ge­bo­re­nen Hein­rich Kraus, der bis zu sei­nem Tod am 22.Ok­to­ber 2015 im pfäl­zi­schen Bruch­mühl­bach-Mie­sau ge­lebt hat, ist Mund­art­text des Mo­nats im Juni 2017, dar­auf hat sich das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe ge­ei­nigt. Der Text wur­de aus­ge­sucht, so die Au­to­rin und Spre­che­rin der Bo­se­ner Grup­pe Ka­rin Klee, um da­mit an Le­ben und Werk von Hein­rich Kraus zu er­in­nern, der am 9. Ju­ni 85 Jah­re alt ge­wor­den wä­re.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­wähl­ten Text schreibt die saar­län­di­sche Au­to­rin Hil­de­gard Driesch:

Hein­rich Kraus, in St. Ing­bert ge­bo­ren, später, bis zu sei­nem To­de wohn­haft in Bruch­mühl­bach-Mie­sau, blieb ein Le­ben lang sei­ner Mut­ter­spra­che treu. Er war ein sprach­li­ches Na­tur­ta­lent. Sei­ne Wan­der­jah­re in „süd­li­chen Ge­fil­den“ schei­nen sei­nen Blick auf Na­tur, Ar­beits­welt und Mensch noch ge­schlif­fen zu ha­ben. Be­reits im Büch­lein „Mei Ge­heich­nis“ Mund­art­ge­dich­te von der Saar und ih­rer Nach­bar­schaft“ (Mi­ner­va Ver­lag Thin­nes & Nol­te) aus dem Jahr 1964 (!) fin­den sich drei Ge­dich­te des Li­te­ra­ten (Dah­lie, Ern­te­dank und Es Siff­che). Sei­ne Tex­te las­sen uns die Son­nen­strah­len spüren, die dröh­nen­den Häm­mer in den Fa­bri­ken hören und die Schwie­len an den Ar­bei­ter­hän­den se­hen. Man spürt, dass er sich hier be­son­ders den ein­fa­chen, schwer ar­bei­ten­den Men­schen zu­ge­neigt fühlt.

Hein­rich Kraus schrieb et­wa drei Dut­zend Ge­dicht­bän­de, einen Pa­ris-Ro­man (Staub) und Kin­der­bücher, die so­gar ins Ja­pa­ni­sche und Chi­ne­si­sche über­setzt wur­den, eben­so Kan­ta­ten und Beiträ­ge für Rund­funk und Fern­se­hen.

Im Text „Mei Hol­ler“ be­schreibt er die fi­nan­zi­el­le Si­tua­ti­on „des klei­nen Man­nes“, der kein Geld üb­rig hat, um sich die üb­li­chen He­cken für den Gar­ten zu kau­fen. Aber weil er mit of­fe­nen Au­gen „durch den Tag“ geht, fin­det er auf dem Schutt „kos­ten­los“ einen Ho­lun­der­baum. Wie aus­sa­ge­st­ark ist die letz­te Zei­le des Ge­dich­tes: „Glick, das kann ma bil­lich kriehn!“ Und das nicht nur in Form ei­nes wil­den Ho­lun­der­baums vom Schutt­platz.

Mei Hol­ler

Sellemols, do hätt ich gär
ebbes Edles hingeplanzt.
Awer do war’s Konto leer,
un ich han von Hand geschanzt.

Dich han ich o’m Schutt gefonn.
Besser die wie garkän Heck!
Grob erausgeroppt … un schon
warscht de in meim Garteeck.

Kämmeh Arwed, kämmeh Mieh;
awer du hascht grien getrieb,
stehscht hejt stolz, bliehscht schener wie
geckisch Zejch. Ich han dich lieb.

’S lacht mei Herz, wenn ich dich siehn.
Glick, das kann ma billisch kriehn!

Hein­rich Kraus

Aus: Grickelmaus am Chausseeresch
Verlag: Autoedition Heinrich Kraus
Auch in: Poetische Haltestellen
Eine Auswahl der Lyrik aus vier Jahrzehnten
©2002 Röhrig Universitätsverlag GmbH