Text des Monats

Walter Liederschmitt „Woltähr“
Walter Liederschmitt „Woltähr“

Monat 11/2016:
All mäi Leewe lang von Walter Liederschmitt „Woltähr“

Ein immer altes Lied wie neu

Das Lied All mäi Leewe lang des am 23. Ok­to­ber 2013 ver­stor­ben Trie­rer Poe­ten und Bar­den Walter Liederschmitt „Woltähr“ ist Mund­art­text des Mo­nats im No­vem­ber 2016, dar­auf hat sich das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe bei sei­nem Herbst­tref­fen in Noh­fel­den-Bo­sen ge­ei­nigt.

Die­ser Text wur­de aus­ge­wählt, so Pe­ter Eckert, Au­tor und Spre­cher der Grup­pe, weil er zeigt, wie ein Ur-Text aus dem 17ten Jahr­hun­dert durch ei­ne ge­lun­ge­ne Ad­ap­ti­on bis heu­te Be­deu­tung ha­ben und be­rüh­ren kann.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­such­ten Text schreibt Ka­rin Klee, Au­to­rin und Spre­che­rin der Bo­se­ner Grup­pe:

An ei­nem Mitt­woch im Ok­to­ber vor drei Jah­ren, ge­nau: am 23.10. 2013, ist Wal­ter Lie­der­schmitt ver­stor­ben, und klickt man im Netz un­ter „www.lie­der­schmitt.de“ nach ihm, ist es, als tou­re „Wol­tähr“ noch im­mer durch die Lan­de. Und tatsäch­lich ist er nicht wirk­lich weg, denn man kann ihm in Tex­ten und Lie­dern be­geg­nen, die er hin­ter­las­sen hat, dar­un­ter auch das Lied „All mäi Lee­we lang“. Als ich den von „Man­ni­jo“ auf der CD „Abr­a­kada­b­ra“ ver­öf­fent­lich­ten Song zum ers­ten Mal hör­te, war mir so­fort klar: Das ist ein Lie­bes­lied! Ein Lie­bes­lied be­son­de­rer Art. Als Mo­sel­frän­kin wuss­te ich näm­lich, was das im Re­frain vor­kom­men­de „ver­lan­gern“ be­deu­tet: wer „ver­lan­gert“, der sehnt sich bis zum Um­fal­len nach et­was oder je­man­dem, in des­sen Ge­dan­ken ist nur noch Platz für, ja, wofür ei­gent­lich? Na, nur fürs „Ver­lan­gern“, ist doch klar!

Und weil man sich nach al­lem mög­li­chen – nach ei­nem ge­lieb­ten Men­schen, nach der Ver­gan­gen­heit, nach Hei­mat oder Scho­ko­la­de – ver­zeh­rend seh­nen kann, spricht nichts da­ge­gen, dass man sich ein we­nig an dem freut, was man zur Ver­fü­gung hat, in die­sem Fall Ge­sel­lig­keit und Mo­sel­wein. Als Vor­la­ge diente Wol­thär ein Stu­den­tentrink­lied von 1650, das Ori­gi­nal fin­det man im „Mo­sel­frän­ki­schen Lie­der­buch“ von Mar­kus Schüß­ler aus Sim­mern (Pan­di­on Ver­lag 2011, Idar-Ober­stein).

All mäi Leewe lang

aut wärte mer duuschdreg sinn
Gëff uns e grisser Glaas!
Hee, Frau Wirtinn, gëff us Wäin
Gieh vir et Fooderfass

All mäi Leewe lang
Verlang’ren ech no Dir
Hal mech fescht
A so de hättscht mech gär

Musel, Saar a Ruwerwäin
Kän Zugger dren gemischt
Dart wärd wat ze drénke sinn
Mer bleiwt jo reschdisch frësch

All mäi Leewe lang …

Drénken dat mescht reschdisch Freed
Et kosst nur bessje Geld
Mir kräische kengem Frang mi no
Et Geld bleiwt en dä Welt

All mäi Leewe lang …

Hee lo, hee: dee kann net mi
Dä Bauch ess imm ze klän
En aner mol drénk net ze vill
Wie ech nur ganz allän

Walter Liederschmitt „Woltähr“