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Text des Monats

Monat 07/2016:
Wenn et Fe­ri­en géfft von Mar­lies Böhm

Ferien für Fortgeschrittene

Das Ge­dicht Wenn et Fe­ri­en géfft der saar­län­di­schen Au­to­rin Mar­lies Böhm ist Mund­art­text des Mo­nats im Juli 2016, dar­auf hat sich das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe auf sei­ner letz­ten Ta­gung ge­ei­nigt.

Die­ser Text wur­de aus­ge­sucht, so Ka­rin Klee, Au­to­rin und Sp­re­che­rin der Grup­pe, da er ein un­ver­schämt gu­tes Bei­spiel da­für ist, wie man einen wirk­lich dif­fe­ren­zier­ten Blick auf ein in der Re­gel un­wi­der­spro­chen nur po­si­tiv be­setz­tes Phä­no­men wirft.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­such­ten Text schreibt der Au­tor und Spre­cher der Bo­se­ner Grup­pe, Pe­ter Eckert:

Fe­ri­en, was für ein schö­nes Wort. Vor­freu­de, die sich das Jahr über stei­gert und dem er­sehn­ten Fe­ri­en­be­ginn ent­ge­gen fie­bert. All­mäh­lich über­la­gert von bö­sen Erin­ne­run­gen und eben­sol­chen Vorah­nun­gen, die zunächst nur ein­flüs­tern, dann aber be­harr­lich mit zu­neh­men­der Un­ver­schämt­heit da­zwi­schen plär­ren, dass bei all dem Schö­nen aber auch al­ler­lei we­ni­ger Schö­nes und so­gar aus­ge­spro­chen Un­schö­nes als Zwangs­zu­ga­be bei­ge­packt ist.

Das just zur Ur­laubs­zeit teu­rer wer­den­de Ben­zin, die aus­ge­buch­ten Flie­ger, die all­ge­gen­wär­ti­gen War­te­schlan­gen. Da­zu auch noch die Angst, et­was Wich­ti­ges ver­ges­sen zu ha­ben. Und das soll schön sein, Spaß ma­chen? Wie­gen all die viel­leicht kom­men­den Ur­laubs­freu­den die ganz si­che­ren, einen Groß­teil des Spaßes ver­mie­sen­den, Ur­laubs­lei­den auf? Und da­bei hat man sich die­se Last auch noch selbst auf­ge­bür­det. Ver­ständ­lich der Stoß­seuf­zer: Wären wir schon dort! Nein bes­ser noch: Wären wir nur schon wie­der heil zurück!

Mar­lies Böhm ver­steht die Men­schen, die sich aus der einen Tret­mühle in die an­de­re, viel­leicht so­gar Zwick­mühle, be­ge­ben. Mit­lei­di­ge Iro­nie könn­te man den Grund­ton ih­res Ge­dichts nen­nen. Wer sich da­von auf die Füße ge­tre­ten fühlt, soll­te aber nicht über­se­hen, dass dar­aus viel per­sön­li­che Er­fah­rung spricht. So­zu­sa­gen von Lei­dens­ge­nos­sen zu Lei­dens­ge­nos­sen.

Das Re­per­toire von Mar­lies Böhm ist weit ge­spannt. Kurz­pro­sa, Ge­dich­te, Lied­tex­te, Spiels­ze­nen und Sket­che, von ernst bis hei­ter, von rück­schau­end bis ta­ges­ak­tu­ell, Er­hal­tens­wer­tes be­wah­rend und Vi­sio­nen für ei­ne bes­se­re Zu­kunft be­schrei­bend. Sie ist ei­ne der Dienstäl­tes­ten aus der der­zeit ak­ti­ven Mund­art­dich­ter­ge­ne­ra­ti­on. Schon 1980, im zwei­ten Saar­län­di­schen Mund­art­wett­be­werb, zähl­te sie zu den ers­ten Preisträ­gern, wei­te­re Prei­se, z.B. der Gol­de­ne Schnaw­wel, folg­ten. Sie schreibt aber nicht nur in Mund­art, dem Mo­sel­frän­kisch ih­rer Hei­mat­stadt Dil­lin­gen. Vor­zu­wei­sen hat sie auch zahl­rei­che Veröf­fent­li­chun­gen in Hoch­deutsch, bei­spiels­wei­se Tex­te zu Kom­po­si­tio­nen des Kom­po­nis­ten und Kir­chen­mu­si­kers Jo­sef Mon­ter.

Wenn et Fe­ri­en géfft

Da Benzin
éss schon wóchenlang
langsam
deijerer génn.
De Plätzer
én de Flijern
all vagénn.
Et lätscht Klingeln
én da School:
Ferien!
Dapper hämm!
Dapper fort!
Die anneren
sénn allegaaren
schoón längscht
ónnerweechs.
Schlang schdehen
am Fluchplätz,
ém Bahnhoff,
óff da Autobahn.
Hammer aach
wirklich
neischt vagéss?
 
Wären ma
nur schon dòò!
 
Wären ma
nur schón nòmmòò
gutt
dahämm!

Mar­lies Böhm

(aus Paraple 21)