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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 05/2016:
Frieling von Thomas Liebscher
Frühling auf und in Nordbadisch
Das Gedicht Frieling des in der Kurpfalz lebenden Autors Thomas Liebscher ist Mundarttext des Monats im Mai 2016, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe auf seiner letzten Tagung verständigt.
Dieser Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und Sprecherin der Gruppe, da er die Sache mit den immer wiederkehrenden Dingen, die einen Frühling ausmachen, von einer freundlich unverklärten und gleichzeitig ironischen Perpektiv aus beleuchtet.
Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künstlern, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wertigkeit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins allgemeine Bewusstsein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören:
Über den ausgesuchten Text schreibt der saarländische Autor und Sprecher der Bosener Gruppe, Peter Eckert:
Thomas Liebscher ist im Saarland kein Unbekannter. Vor genau 20 Jahren war er Teilnehmer des Mundartsymposions in der Bosener Mühle und hat seither die Verbindung hierher nicht abreißen lassen. Seine nordbadische Sprache ist das Südfränkische der Gegend um Bruchsal, in der auch seine Heimatgemeinde Bad Schönborn liegt, angereichert um Elemente aus der Kurpfalz, in der er heute lebt.
Thomas Liebscher hat eine ganz eigene Art entwickelt, Beobachtungen seiner Umwelt dichterisch zu skizzieren. Er kommentiert mal realistisch bis kritisch, fast immer mit hintergründigem Humor und oft ironisch bis sarkastisch, meistens aber, obwohl das oft erst beim zweiten oder dritten Lesen klar wird, durchaus auch mit einem freundlichen Blick auf menschliche Unzulänglichkeiten.
Das ausgezeichnete Gedicht „Frieling“ scheint zunächst den romantischen Ton üblicher Verse zu diesem Thema aufzugreifen. Freude an der wieder erwachenden Natur, die frohe Erwartung des Lebens im heimischen Garten. Dazu das Glück und die auch durch positives Denken nicht völlig zu verdrängende Last, hier nicht allein zu sein. Denn wie in den Jahren zuvor lassen sich alle Mitbewohner wieder sehen und vor allem auch hören. Und schon wird deutlich: Schnecken tun meistens und Schmetterlinge (bzw. ihre Raupen) manchmal den Pflanzen nicht gut. Allerdings: Der Lärm, den sie verursachen, ist sicher erträglicher als das, was von vielen Nachbarn und ihren Rasenmähern zu hören ist.
Frieling
Drei Amsle danze im Kreis. Zwei Feierwanze bewunnere de Ginschder. Die Katz sunnt sich ufm Holzstapel. Im Efeu raschelt de Zaunkeenig. Mer freit sich, es geht was, es geht widder los. Drauße sei isch jetz widder drin. Un e Erlebnis. Nix Scheeners wie en Garde im Frieling. Un sei er noch so kloi. Uf jeden Fall bisch net alloi. Endlich losse se sich all wieder sehe un höre: Schmetterling, Nochbere, Schnecke, Rasemäher.
Thomas Liebscher
Entnommen dem Buch „’s isch immer ebbes“, erschienen im Verlag Regionalkultur