Text des Monats

Rai­mund Klä­ser
Rai­mund Klä­ser

Monat 11/2015:
Wenn mer eb­bes nem­mi hat … von Rai­mund Klä­ser

Wenn mer ebbes nemmi hat …

Als Mund­art­text des Mo­nats wird das Ge­dicht Wenn mer eb­bes nem­mi hat … des saar­län­di­schen Au­tors Rai­mund Klä­ser prä­miert. Da­rauf hat sich in ih­rer Ta­gung das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe ver­stän­digt.

Wie die Spre­che­rin der Grup­pe, die saar­län­di­sche Schrift­stel­le­rin Ka­rin Klee, mit­teil­te, ha­be man die­sen Text aus­ge­wählt, um die be­son­de­re Qua­lität der Mund­art­spra­che in der knapp poin­tier­ten Aus­sa­ge ei­nes li­te­ra­ri­schen Tex­tes zu ver­deut­li­chen. Zu­dem pas­se der Text des in Ens­dorf le­ben­den Au­tors sehr gut in die Zeit der To­ten­ge­denk­ta­ge, die dem An­den­ken an die Ver­stor­be­nen ge­wid­met sind. Rai­mund Klä­ser (*1934) stammt aus Wa­dern-Krett­nich. Heu­te lebt er in Ens­dorf. In den mund­art­li­chen und hoch­deut­schen Tex­ten mi­schen sich Aspek­te des länd­li­chen Le­bens, Jah­res­zei­ten und Le­bens­er­fah­run­gen des frühe­ren Leh­rers. Das Dor­fle­ben der 50er Jah­re spie­gelt sich in sei­nen Tex­ten sehr deut­lich (Buch­ver­öf­fent­li­chung: Derr­häem, Ge­dich­te in Hoch­wäl­der Mund­art und in Hoch­deutsch). Sei­ne Hoch­wäl­der Mund­art­spra­che hat er sich be­wahrt. Vor­bild war für ihn der Mund­art­dich­ter Matt­hi­as Lang. Er gab ihm Anstöße zum Schrei­ben von Ge­dich­ten und Ge­schich­ten. Von 1958 bis 1997 ar­bei­te­te Klä­ser als Leh­rer in Gries­born.

In ih­rem Bo­se­ner Ma­ni­fest hat­te sich die Ar­beits­ge­mein­schaft für rhein- und mo­sel­frän­ki­sche Mund­art, die Bo­se­ner Grup­pe, zum Ziel ge­setzt, die Mund­ar­ten der Re­gi­on in ih­rer her­aus­ra­gen­den Wer­tig­keit und Schön­heit dar­zu­stel­len. Als ei­ne der selbst­ver­ständ­li­chen Kon­se­quen­zen hieraus soll die Re­gio­nal­spra­che als Mög­lich­keit ei­ner an­spruchs­vol­len li­te­ra­ri­schen Ge­stal­tungs­form prä­sen­tiert wer­den. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören u.a. die Mund­art­au­to­ren Jo­han­nes Kühn, Hein­rich Kraus, Ge­org Fox, Re­lin­de Nie­der­län­der, Pe­ter Eckert, Ute Zim­mer­mann, René Egles, Gi­se­la Bell, Man­fred Pohl­mann, Jean-Louis Kief­fer, Gé­rard Ca­rau, Ka­rin Klee und Hans-Wal­ter Lorang.

Ge­org Fox, Mit­glied der Bo­se­ner Grup­pe, zu dem Text von Rai­mund Klä­ser:

Der Text ist ein gu­tes Bei­spiel für die Ver­bin­dung von Mund­art­spra­che und ei­ner li­te­ra­ri­scher Ge­stal­tung. Rai­mund Klä­ser spielt sou­ver­än mit den Klang­far­ben und emo­tio­na­len Aus­drucks­mög­lich­kei­ten sei­ner Hoch­wäl­der Sprach­klang­welt. Da hört man noch das „r“ rich­tig rrr­rol­len. Sei­ne Le­bens­er­fah­rung packt er in die Zei­len von Ver­lust und Be­sitz, er phi­lo­so­phiert ein biss­chen über das, was man be­sitzt und den­noch nicht so rich­tig wert­schät­zen kann. Dies spitzt sich zu im Ver­lust von Men­schen, die ei­nem für lan­ge Jah­re ver­traut wa­ren. Erst der Ver­lust zeigt, wie sehr man je­man­den ei­gent­lich ge­schätzt und was je­mand ei­nem be­deu­tet hat.

In Klä­sers Ge­dicht wird ge­zeigt: Mund­art ist nicht ‘nur’ be­schränkt auf Chif­fren wie ‘Volkss­pra­che’ oder ‘Ver­stän­di­gungs­mit­tel un­ter Freun­den’, son­dern sie be­sitzt durch­aus ei­ne li­te­ra­ri­sche Spra­che­be­ne. Mund­art – das be­weist Klä­ser – hat ei­ne li­te­ra­risch-künst­le­ri­sche Ge­stal­tungs­kraft, wo­mit der Schrift­stel­ler zu ei­nem gu­ten Bot­schaf­ter für die ho­he Wer­tig­keit ei­ner saar­län­di­schen Re­gio­nal­spra­che wird.

Wenn mer eb­bes nem­mi hat …

Wenn merr mo ebbes nemmi hat,
dann liert merr’ t ierschd so richdich schätz’n.
Do spiert merr ierschd, wat merr gehat –
wat helft et, noch devon se schwätz’n !

Am schlömmschde öss’t, wenn’t Mensche sön,
wo bei äem woare Daa on Naat,
ön Mensch, wo gudd zou alle woar
of äemo geft ön ’t Graaf gelaad.

Rai­mund Klä­ser