Text des Monats

Josef Peil
Josef Peil

Monat 06/2015:
Ganz schön flott von Josef Peil

Positiv gnadenlos

Der Text Ganz schön flott des Huns­rü­cker Au­tors Josef Peil ist Mund­art­text des Mo­nats Ju­ni im Jahr 2015. Da­rauf hat sich das Kol­lo­qi­um der Bo­se­ner Grup­pe auf sei­ner letz­ten Ta­gung ver­stän­digt.

Die­ser Text wur­de aus­ge­sucht, so Ka­rin Klee, Au­to­rin und ei­ne Spre­che­rin der Bo­se­ner Grup­pe, da er knapp, poin­tiert und mit bei­spiel­haf­ter Ge­schwin­dig­keit ein Men­schen­le­ben be­schreibt, bei dem von An­fang bis En­de das Tem­po die le­bens­be­we­gen­de Rol­le spielt.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Zu dem aus­ge­such­ten Text schreibt der Au­tor und Spre­cher der Bo­se­ner Grup­pe Pe­ter Eckert:

Es lässt sich schwer­lich be­strei­ten: Der ei­li­ge Geist treibt, ge­le­gent­lich un­ver­meid­bar, un­se­re Welt an. Aus Ge­wohn­heit oder auch nur aus fehl­ge­lei­te­tem Pf­licht­ge­fühl „um der Sa­che wil­len“ läuft die Het­ze selbst dann noch wei­ter, wenn sie längst nicht mehr ob­jek­tiv sinn­voll und nütz­lich ist. Wie im Großen, so im Klei­nen: Ganz schön flott ver­läuft auch Jo­sef Peils Schnell­durch­lauf durch ein in­halt­lich ty­pi­sches, wenn auch recht lan­ges Men­schen­le­ben.

Zwei mit­ein­an­der ver­wo­be­ne Grundt­he­men be­stim­men den Ver­lauf: Den schwie­ri­gen Auf­stieg zum Gip­fel des „Le­bens­ber­ges“, dem, so­bald man „über den Berg“ ist, der sich be­schleu­ni­gen­de Nie­der­gang folgt, über­la­gern als zwei­tes The­ma die be­schwich­ti­gen­den und be­schö­ni­gen­den For­meln, die die­sen Auf- und Ab­stieg be­glei­ten. So ent­steht die Skiz­ze ei­ner durch die Bril­le gna­den­los po­si­ti­ven Den­kens ge­se­he­nen Hetz­jagd, die naht­los über­geht vom „noch nicht“ zum „nicht mehr“.

Die Sta­tio­nen, die Jo­sef Peil blitz­licht­ar­tig er­fasst, dürf­ten den meis­ten von uns ver­traut sein, sei es aus ei­ge­ner Ein­sicht oder – der See­len­ru­he zu­träg­li­cher – durch die Beo­b­ach­tung an­de­rer. Und eben weil die knap­pe Auf­lis­tung, ob man sie nun eher freund­lich-bis­sig oder nach­sich­tig-iro­nisch fin­det, selbs­t­er­klärend für sich spricht, kann Jo­sef Peil sich je­der Wer­tung, je­den Kom­men­tars ent­hal­ten. So sind sie halt, die Men­schen.

Ganz schön flott

Mit 6 Johr – 50 Meter in 10 Sekunde, ganz schön flott for das Alter.
Mit 10 Johr – 50 Meter in 9 Sekunde is mer immer noch flott vorkomm.
Mit 15 Johr – 100 Meter in 20 Sekunde, no ja, geht so for das Alter.
Mit 20 Johr – 100 Meter in 15 Sekunde, nit flott genug for das Alter.
Mit 20 Johr – 10 Kilometer in 60 Minute marscheert. Das is normal for das Alter.
Mit 30 Johr – 10 Kilometer in 60 Minute. Es geht noch, so alt sin eich jo noch gar nit.
Mit 40 Johr – 5 Kilometer in 1 Stunn. Das is flott genug, dass aach die Junge noh komme.
Mit 50 Johr – de Kilometer in ner Veertelstunn. Do muss mer schon stramm gehn in dem Alter.
Mit 60 Johr – de Kilometer in ner halwe Stunn. In dem Alter hot mer schun Zeit.
Mit 70 Johr – noch en Stunn or zwo dorch Dorf un Flur. Hauptsach, eich sin noch mobil.
Mit 80 Johr – Wie weit – wie lang? Egal. Wenn eich ebbes ze gucke ore ze schwetze hon, bleiwe eich alle 100 Meter stehn.
Mit 90 Johr – gehn eich noch flott 50 Meter iwer die Gass maije.
Mit 100 Johr – vum Fernseh in die Küch geht’s noch ganz schön flott for das Alter.
Wenn’s aach immer flott gang hot, Hauptsach, es war ganz schön, ganz schön flott.

Josef Peil