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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 12/2014:
Iwwer de Gau von Ursula Kerber
Winterwetter überm Gau
Das Gedicht Iwwer de Gau der saarländischen Autorin Ursula Kerber ist Mundarttext des Monats im letzten Monat des Jahres 2014. Darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe geeinigt.
Dieses Gedicht wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und eine Sprecherin der Bosener Gruppe, weil in ihm noch viel mehr steckt, als die wunderbar poetischen Zeilen über Natur und Landschaft mit ihren dramatisch ernsten Bildern und Gedanken auf den ersten Blick, auf das erste Hören hin verraten.
Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künstlern, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wertigkeit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins allgemeine Bewusstsein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören:
Über den ausgewählten Text schreibt der saarländische Autor Gérard Carau:
Herrlich ist’s, über den Gau zu wandern – aach wemma nòòher de Schouh voller Lähm hängken hat. Er hat schon etwas Besonderes, unser Saargau, Kulturlandschaft und Grenzgebiet über der Saar, wo Deutschland und Frankreich heute Gott sei Dank nicht mehr „kriegerisch“ zusammenkrachen, sondern das Saarland und Lothringen „sanft und friedlich“ ineinander übergehen.
Man kann ihn nicht oft genug beschreiben, seine Eigenarten nicht laut genug preisen. Ursula Kerber (Roden und Überherrn) kennt ihn bestens und weiß ihn entsprechend zu würdigen. Sie fängt ihn ein mit ihrem moselfränkischen Bilder-Netz: Wie er da unter der fahlen Sonne liegt, scheint er „ze gómpen“, sein verdientes Schläfchen zu halten, dem fernen, in die Wackersteine aufgelösten Rauschen des Meeres, das er einmal war, im Traume nachlauschend, bevor er – es ist schließlich Winter – wieder seine ganze wilde Energie entfesselt und ins (wörtlich zu nehmende) „Treiben“ jagt.
Es ist eben nicht nur das vielgerühmte Licht des Gaus zu den „lieblicheren Jahreszeiten“, das manchen gar schon an den Süden Frankreichs erinnert; es sind nicht nur die Felder, Streuobstwiesen und Dörfer, die faszinieren. Es ist auch der wilde, ungestüme, losgelassene Gau in den Wintermonaten. Vielleicht fasziniert er besonders dann, wenn er sich in all seinen Wolken an frühere „bewegte Zeiten“ erinnert und ihm die Zukunft, trotz allem, gar nicht so ewig heiter erscheinen mag…
Iwwer de Gau
Blaich lout de Dezembersónn weit iwwer de Gau der Bóddem gómpt un träämt vaam Meer wo én de gròògeel Wacken noch lebennich éss em Wénterwénd geheert et Land er roppt un blòòst un peift un séngt un suust un bleiwt grad stéll fò e Moment treiwt dann ém Hurra sei Spill vaan voar mét Wólken un Gedanken iwwer de Wéntergau weit vaan geschder nò iwwermoar
Ursula Kerber
Aus: „MundART Winter“ – Anthologie – (Hrsg. Manfred Spoo), www.kelkel-verlag.de, ISBN 978-3942 767040). Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlags.