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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 10/2014:
Oktower-Owend-Schobbe von Gerhard Rinsche
Warmes Rot auf dem beneidenswerten Wellblechdach
Das Gedicht Oktower-Owend-Schobbe des Zweibrücker Schriftstellers Gerhard Rinsche ist Mundarttext im Oktober 2014. Darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe geeinigt.
Dieses Gedicht wurde ausgesucht, weil darin ein gutes Stück Lebenseinsicht bildhaft zum Ausdruck gebracht wird: Über unabänderliche Gegebenheiten lässt sich endlos klagen; doch wer es schafft, den Blick weg von sich selbst auf die Dinge ringsum zu richten, kann sich trotz aller Schwere am Leben „erwärmen“.
Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künstlern, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wertigkeit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins allgemeine Bewusstsein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören:
Über den Text schreibt Karin Klee, Autorin und Sprechin der Bosener Gruppe:
Der im Jahr 1952 in Zweibrücken geborene Gerhard Rinsche ist in Sachen Lyrik und Prosa – in Hochdeutsch und Mundart – kein unbeschriebens Blatt. Eigene Bücher hat er veröffentlicht, in vielen Anthologien ist er vertreten, und auch in Literaturzeitschriften, wie etwa dem mehrsprachigen „Paraple“, kann man seine Texte finden. Dazu hat der Mann Poetry-Slam-Erfahrung: In Zweibrücken und Pirmasens stand er bereits mehrfach als Sieger auf der Bühne. Dass jedoch das Schreiben als Vorbedingung zu solch kommunikativen Aktivitäten eine zuallererst einmal einsame Angelegenheit ist, weiß trotzdem kaum einer besser als Gerhard Rinsche. So macht er in dem Gedicht „Oktower-Owend-Schobbe“ das Mit-sich-Selber-allein-sein zum Thema. Ein beobachtender Blick aus dem Fenster registriert die sich verabschiedende Sonnenwärme, der Herbst ist da. Man(n) sitzt alleine am Tisch und läuft Gefahr, melancholisch zu werden, denn das beneidenswerte Wellblechdach wird umschlossen vom wilden Wein. Ein dunkelroter Tropfen im Glas dagegen wartet geduldig „auf ein zartes Beben“. Er, der Rotwein, beschwert sich dennoch nicht, wenn er getrunken wird, und es jammert auch sonst niemand. Bescheiden und nachdenklich geduldig ist dieses Gedicht, genau wie sein Verfasser. Als Mitglied der Zweibrücker Autorengruppe ist Gerhard Rinsche ebenfalls einer, der sich nie vordrängt und sich selber nicht so wichtig nimmt, ein Könner und Team-Player eben.
Oktower-Owend-Schobbe
Wilder Wein beim Gugge aus em Kischefenschder e fettes Rot wie e Liane wärmt es Wellblechdach waart uff die Winderruh. Zahmer Wein dunkelrot uffm Kischedisch waart uff e zardes Bewe. Die Hand am Glas nemmt sei Wesch ohne Klaach. ’s macht warm.
Gerhard Rinsche