//

die Bosener Gruppe

Text des Monats

Ha­rald ley
Ha­rald ley

Monat 12/2013:
Hää­lisch Òòwend­moijn von Ha­rald ley

Oh unheiliger Morgen!

Das Ge­dicht Hää­lisch Òòwend­moijn des mo­sel­frän­ki­schen Au­tors Ha­rald ley wur­de vom Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe als Mund­art­text des Mo­nats De­zem­ber aus­ge­wählt. Für die­sen Text ha­be man sich ent­schie­den, so Ka­rin Klee, Au­to­rin und Spre­che­rin der Bo­se­ner Grup­pe, weil er un­auf­ge­regt, aber un­miss­ver­ständ­lich dar­auf hin­weist, wie ein still fro­hes Fest zur Ver­an­stal­tung ver­un­stal­tet wer­den kann.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­such­ten Text schreibt der saar­län­di­sche Au­tor Gérard Ca­rau:

Fünf- bis sechs­tau­send meist jun­ge Men­schen tref­fen sich seit vie­len Jah­ren am Mor­gen von Hei­ligabend in der Alt­stadt von Saar­louis, um aus­gie­big und aus­ge­las­sen Weih­nach­ten zu „fei­ern“. Aus Er­fah­rung ist man klug ge­wor­den: In­zwi­schen fin­det das „Event“, wie man sol­che Mas­sen­auf­läu­fe heu­te nennt, un­ter stren­ger Po­li­zei­kon­trol­le statt. Man ist froh, wenn man am Nach­mit­tag ver­mel­den kann, dass – außer ei­ni­gen Al­ko­hol­lei­chen – kaum et­was „pas­siert“ sei. Es wa­ren wie­der ein­mal „Hém­mel on Mén­schen“ in der Stadt. Ein Mie­se­pe­ter, ein Gries­gram, ein ewig Gest­ri­ger, wem so et­was nicht ge­fällt?

Ha­rald Ley hat sich in sei­nem Ge­dicht „Hää­lisch Òòwend­moi­jn“ die­ses Phäno­mens an­ge­nom­men. Er setzt dem heu­ti­gen höchst pro­fa­nen, kar­ne­va­les­ken Mas­sen­trei­ben an­läss­lich ei­nes Fes­tes, das sich nur noch zu­fäl­lig Weih­nach­ten nennt, die in größter Ein­sam­keit und Ab­ge­schie­den­heit statt­fin­den­de er­lö­sen­de Ge­burt Je­su ge­genü­ber. Er wütet da­bei nicht wie sei­ner­zeit Sa­vo­na­ro­la ge­gen die mo­der­ne Gott­ver­ges­sen­heit, die al­les und je­des zum An­lass nimmt, Sym­bo­li­sches, Sinn­haf­tes ein­fach „platt­zufei­ern“. Nein, er schüt­telt eher sein er­grau­tes Haupt und wun­dert sich über den Men­schen, der sei­nen Be­zug zum Him­mel so ganz oh­ne Auf­be­geh­ren ver­lo­ren hat. Hém­mel on Mén­schen pas­sen ir­jend­wie ném­meh ze­sam­men.

Ein in sei­ner Unauf­dring­lich­keit und Zurück­hal­tung be­ein­dru­cken­der Text.

Hää­lisch Òòwend­moijn

Vom Hémmel hoch komm. Us Ménschen erleesen
wollt er vom Lääd, vom Iwwel, von allem Beesen.
Kään Hémmel on Ménschen wòòr’n dòò, nur wenisch,
en paar Hérten on der ään oder anner Kénisch.

Awwer haut, am «Häälisch Moijn» énn der Stadt,
drécken séch Hémmel on Ménschen vòr Kneipen platt.
Nét fòr aan’t Kénd émm Krippchen se denken,
nur fòr séch Gléijhwein onn Béir énnseschenken.

Kään Ménsch wääß meh, wat dòòmols mé’m Hémmel wòòr.
Hémmel on Ménschen hann ihren Hémmel verlòòr.

Ha­rald ley