Text des Monats

Hel­ga Schnei­der
Hel­ga Schnei­der

Monat 11/2013:
Wann de Wind die He­cke schid­delt von Hel­ga Schnei­der

Herbst in h-Dur

Das Ge­dicht Wann de Wind die He­cke schid­delt der in Kai­sers­lau­tern be­hei­ma­te­ten Schrift­stel­le­rin Hel­ga Schnei­der wur­de vom Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe als Mund­art­text des Mo­nats für den No­vem­ber 2013 aus­ge­wählt. Man ent­schied sich für die­sen Text, so der saar­län­di­sche Schrift­stel­ler und Spre­cher der Bo­se­ner Grup­pe Pe­ter Eckert, weil hier ei­ne neue Ton­art der Herbst­be­trach­tung an­ge­schla­gen wird: Es klingt da­rin nach Dur und nicht nach Moll.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­wähl­ten Text schreibt die in Wa­dern le­ben­de Au­to­rin Ka­rin Klee:

Wer in der Pfalz, ach was, wer im Süd­wes­ten Mund­art sagt, kommt schon lan­ge nicht mehr dar­an vor­bei, im glei­chen Mo­ment die viel­fach preis­ge­krön­te Hel­ga Schnei­der zu nen­nen. Die in Kai­sers­lau­tern ge­bo­re­ne Au­to­rin ver­ei­nigt al­les das, was es braucht, um zu den Bes­ten der Zunft zu zählen: Sie ist ein be­schei­de­ner, hoch­wach be­ob­ach­ten­der Mensch. Sie liebt ih­re Spra­che, und zum Glück weiß sie da­mit auch um­zu­ge­hen.

So ver­wun­der­te es nicht, dass man gleich vier Tex­te aus ih­rem neu­em Buch „Wackestää un Sää­feb­lo­se“ als No­vem­ber­text hät­te aus­wählen kön­nen. Je­der et­was Be­son­de­res in In­halt und Aus­druck, aber man darf sich nur für einen ent­schei­den.

Mei­ne Wahl fällt auf „Wann de Wind de He­cke schid­delt“. Hier nimmt mich Hel­ga Schnei­der an der Hand und zieht mich nach draußen, denn ge­ra­de dort zeigt der Herbst sei­ne wil­de, stür­misch nas­se Sei­te, die al­le Sin­ne be­ein­druckt. Hel­ga Schnei­der ge­stat­tet uns auch einen wehmüti­gen Blick auf ei­ne ver­ge­hen­de Na­tur, aber: Hier ist nicht Schluss! Bei Hel­ga Schnei­der ver­wan­delt ge­ra­de im Herbst „das Ges­tern das Heu­te ins Mor­gen“. Un­ter der Ober­fläche ver­bor­gen, aber nicht un­be­merkt, war­ten die Keim­zel­len ei­nes neu­en Früh­lings. So gut aus­gerüs­tet kann, nein, muss das Le­ben ein­fach wei­ter­ge­hen.

Üb­ri­gens ha­be ich in “Wackestää un Sää­feb­lo­se“ noch mehr wun­der­ba­re Ge­dich­te ge­fun­den; für je­den Mo­nat min­des­tens einen in den kom­men­den Jah­ren.

Das Buch „Wa­cke­stää un Sää­feb­lo­se – Ge­dich­te und Ge­schich­ten in pfäl­zi­scher Mund­art“ von Hel­ga Schnei­der ist 2013 er­schie­nen im Selbst­ver­lag und er­hält­lich für 14,80 € (über shd.herl@gmail.com oder hu­sa­ren­klaus@gmail.com).

Wann de Wind die He­cke schid­delt

Wann de Wind die Hecke schiddelt,
flattschern Fahne, stilpt’s die Schirme,
quaatschen batschnass Kinnerschuhcher
– als gehupst! – vun Pitsch zu Pitsch.

Wann de Wind die Hecke schiddelt,
jaan im Triiwe Wolke Wolke,
droppst’s un drebbselt’s vun de Zweische
uff e leeri Bank am Weg.

Wann de Wind die Hecke schiddelt,
rischbeln Blädder uff de Pädcher,
trauern Aschtre vor me Grabkreiz,
kraaht e Raaweschwarm im Groo.

Wann de Wind die Hecke schiddelt,
wickelt’s Geschdern ’s Heit ins Morje.
Wild gluckst neier Wein im Keller.
’s keimen Keerncher in de Erd.

Hel­ga Schnei­der