Text des Monats

Ka­rin Klee
Ka­rin Klee

Monat 10/2013:
af­gha­nis­tan von Ka­rin Klee

Met de Gedanke em Hindukusch

Als Mund­art­text des Mo­nats Ok­to­ber hat das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe auf sei­ner Herbst­ta­gung 2013 in Noh­fel­den-Bo­sen das Ge­dicht af­gha­nis­tan des saar­län­di­schen Schrift­stel­lers Ka­rin Klee aus­ge­wählt. Für die­sen Text hat sich die Grup­pe ent­schie­den, so der Au­tor und Spre­cher der Bo­se­ner Grup­pe Pe­ter Eckert, weil hier ta­ges­ak­tu­ell ei­ne vom Be­kann­ten und Üb­li­chen ab­wei­chen­de, de­noch be­mer­kens­wer­te Über­le­gung zu ei­nem Land in Not an­ge­bo­ten wird.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Über den aus­ge­wähl­ten Text schreibt die aus Dil­lin­gen Pach­ten stam­men­de Au­to­rin Hil­de­gard Driesch:

Zur Mund­art­au­to­rin hat sich die in Wa­dern le­ben­de Ka­rin Klee, die Weih­nach­ten 1961 in Los­heim zur Welt kam, erst spät ent­wi­ckelt. Von Be­ruf Zei­tungs­re­dak­teu­rin schreibt sie heu­te so­wohl Ge­dich­te und Erzäh­lun­gen in Schrift­deutsch, wie auch Tex­te in ih­rem mo­sel­frän­ki­schen Prims­ta­ler-Platt. Seit 2004 ist sie Mit­glied der Bo­se­ner Grup­pe und zu­sam­men mit Pe­ter Eckert Spre­cher/in der Grup­pe.

Ihr Text „af­gha­nis­tan“ gehört zu den sehr ernst­ge­mein­ten aus ih­rer Fe­der. Er ist und macht nach­denk­lich, ist da­zu noch brand­ak­tu­ell. Die Schrei­be­rin be­ginnt denn auch di­rekt und oh­ne Um­schwei­fe mit dem, was sie um­treibt: „et geft met bom­be ge­schwätzt“. Af­gha­nis­tan, dort ha­ben die Bom­ben das Sa­gen. Wir kön­nen den Krach nicht hören und ken­nen ihn doch aus den Nach­rich­ten, deut­sche Sol­da­ten sind dort im Ein­satz, und so sind wir ir­gend­wie in die­sen un­se­li­gen Krieg mit ein­ge­bun­den. Die zy­ni­sche Recht­fer­ti­gung „wenn se doärt bom­be han// wür­ren se die aach brau­che“ kratz un­se­re Auf­merk­sam­keit wach, rüt­telt an un­se­rer Gleich­gül­tig­keit. Der Ver­weis auf wei­te­re welt­wei­te Kri­sen­her­de folgt: Man den­ke an höchst pro­ble­ma­ti­sche Er­schei­nun­gen im Be­reich der Um­welt­ver­schmut­zung oder auch an die krän­keln­den Finanz­märk­te. Am En­de er­in­nert Ka­rin Klee an die Hin­ter­las­sen­schaf­ten des letz­ten Krie­ges in un­se­ren Brei­ten, die noch im­mer bei Erd­ar­bei­ten oder Erd­be­we­gun­gen in Flüs­sen zu Ta­ge tre­ten. Sie ver­weist auf die Zeit vor et­wa 70 Jah­ren, als Men­schen und Län­der in Eu­ro­pa sich nach Frie­den und Wohls­tan sehn­ten. Und auf ein­mal ist Af­gha­nis­tan dann gar nicht mehr so weit von uns ent­fernt!

af­gha­nis­tan

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et geft met bombe geschwätzt
en afghanistan
jed anner sprooch
geft iwwerhijärt

afghanistan
wat geht dat annre aan?
wenn se doärt bombe han
würren se die aach brauche

woannerschd 
gefd aach gebombt
ganz sauwer
met stinkgisch plastik
orrer dregijem gäld

annerschdwo
leij bombe enner dä grasnab
erinnre a zeite
wo afghanistan 
hei dähääm woär

Ka­rin Klee