Text des Monats

Heinrich Kraus
Heinrich Kraus

Monat 01/2013:
Gute Vorsätze von Heinrich Kraus

„Gute Vorsätze“ von Heinrich Kraus für 2013

Als ers­ten Mund­art­text des Mo­nats im Jahr 2013 hat das Kol­lo­qui­um der Bo­se­ner Grup­pe das Ge­dicht Gute Vorsätze des Au­tors Heinrich Kraus ausgewählt. Die Grup­pe hat sich für die­sen Text ent­schie­den, weil er wun­der­bar zur Jah­res­wen­de passt, und ver­neigt sich so ein wei­te­res Mal vor ei­nem großen Poe­ten re­gio­na­ler Spra­che, der im Juni 2012 sei­nen 80. Ge­burts­tag fei­ern konn­te.

Die Bo­se­ner Grup­pe ist ein Zu­sam­menschluss von Sprach-Künst­lern, die es sich zum Ziel ge­setzt ha­ben, die hohe li­te­ra­ri­sche Wer­tig­keit und Aus­drucks­kraft der re­gio­na­len Dia­lekt­spra­che ins all­ge­mei­ne Be­wusst­sein zu ru­fen. Zur Bo­se­ner Grup­pe gehören:

Zu dem aus­ge­such­ten Text schreibt die aus Dil­lin­gen-Pachten stam­men­de Au­to­rin Hil­de­gard Driesch:

Hein­rich Kraus ist in St. Ing­bert ge­bo­ren und wohnt in Bruch­mühl­bach-Mie­sau in der Pfalz, ist aber sei­ner rhein­frän­ki­schen St. Ing­ber­ter Mund­art treu ge­blie­ben. Er be­ob­ach­tet Men­schen, schaut in die Stu­ben und be­schreibt den Ar­beit­sall­tag, der nicht sel­ten mit großer An­stren­gung ver­bun­den ist. Dies­be­züg­lich gibt es Tex­te, in de­nen er die Fin­ger in die Wun­den legt, be­son­ders, wenn sein Au­gen­merk auf frühe­re Ar­beits­be­din­gun­gen in der Schwer­in­dus­trie fällt. An­de­re Tex­te, be­son­ders die­je­ni­gen, die von zwi­schen­mensch­li­chen Be­geg­nun­gen han­deln, sind be­lus­ti­gend ehr­lich, wenn er dar­in die klei­nen und großen Feh­ler sei­ner Mit­menschen be­schreibt. Manch­mal sieht man ihn au­gen­zwin­kernd hin­ter den Tex­ten ste­hen. Die Ein­drü­cke sei­ner Wan­der­jah­re durch den Süd­wes­ten Eu­ro­pas ha­ben vie­le sei­ner Tex­te ge­prägt. Man spürt glei­cher­maßen Leich­tig­keit und Me­lan­cho­lie.

Hein­rich Kraus ist seit 1980 frei­er Schrift­stel­ler. Er hat vie­le Prei­se ein­ge­heimst, dar­un­ter den „Gol­de­nen Schnaw­wel“. Es sei er­wähnt, dass er auch Kin­der­bücher ge­schrie­ben hat, die u. a. ins Ja­pa­ni­sche, Chi­ne­si­sche und in Blin­den­schrift über­setzt wor­den sind. Er ist Grün­dungs­mit­glied der Bo­se­ner Grup­pe und ist das bes­te Bei­spiel dafür, dass „Dia­lekt­spra­che als Mög­lich­keit ei­ner an­spruchs­vol­len li­te­ra­ri­schen Ge­stal­tungs­form“ (Aus­zug aus dem Bo­se­ner Ma­ni­fest) prä­sen­tiert wer­den kann.

Als Text des Mo­nats hat die Bo­se­ner Grup­pe zum Jah­res­be­ginn das Ge­dicht: „Gute Vor­sät­ze“ aus dem Buch „E ro­i­sches Johr“ aus­ge­wählt. Oft fas­sen wir zum Be­ginn ei­nes Jah­res gute Vor­sät­ze, die wir doch nicht ein­hal­ten. Hein­rich Kraus legt uns eben­falls ei­ni­ge Le­bens­re­geln ans Herz: Sei kein Mie­se­pe­ter, sei kein Lüg­ner, lebe und lie­be das Le­ben, aber ver­giss nicht, dass am Ende viel­leicht doch ein An­de­rer über den Din­gen steht.

Gute Vorsätze

Schaff die Arwed, streb zum Ziel,
sej e Mensch mit Spaß un Mumm;
awwer wäß, es bleijbt nit viel.
Jedi Mauer fallt mol um.

Steh in Friede un Geduld,
sej deim Freind e guter Freind;
doch a s’ Stillsin wird als Schuld
un, wer jetz lieb lacht, dei Feind.

Such die Wohrhät un ihr Sinn,
schnapp se hämlich, ohne Jachd;
awer bill dir jo nie in,
du hättscht se allän gepacht.

Lieb dei Läwe, heiß un nah,
kiß de Luscht ihr rote Schnut; 
awer denk an jedem Dah,
daß de Dod mol noh dir luht.

Werscht de groß, noht hall dich klän;
Macht, wo fallt, die fallt in Spott.
Das, wo isch, war mol gewähn,
was noch kommt, bestimmt bloß Gott.

Heinrich Kraus