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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 11/2012:
Herbscht von Marlies Böhm
Warnung vor der November-Flemm
Als Mundarttext des Monats November 2012 wird das Gedicht „Herbscht“ der saarländischen Mundartautorin Marlies Böhm prämiert. Darauf hat sich bei ihrer Tagung das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Wie die Sprecherin der Gruppe, die saarländische Schriftstellerin Karin Klee, mitteilte, habe man dieses Gedicht ausgewählt, weil darin in knappen, prägnanten Bildern die Schönheit der Regionalsprache deutlich wird. Schlichtes, aber intensives Erleben machen die Gefühle zum Ende des Herbstes spürbar.
In ihrem Bosener Manifest hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit zu würdigen. Als eine der selbstverständlichen Konsequenzen hieraus soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Preiswürdige Texte werden jeweils auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören:
Georg Fox schreibt über den Mundarttext des Monats:
Die Gedanken der Schriftstellerin kreisen um den Niedergang im Herbst. Auch wenn der goldene Oktober noch das Herz erwärmt, sind alle Zeichen auf das Ende des Jahres gerichtet. Die Sonne scheint schwächer, die Blätter verwelken, man erlebt dieses Ende des Herbstes eher bedrohlich und will sich vor ihm schützen. Die Flemm ist als saarländische Krankheit jene Gemütsverfassung, die sich im Zuge solcher Wetterkapriolen fast zwangsläufig einstellen muss. Marlies Böhm zeichnet den Herbst in kurzen und knappen Aussagen mit eindringlichen Bildern. Dies ist unaufdringlich, aber dann doch sehr eindringlich sprachlich verwirklicht.
Ihre Texte zeigen eine wohltuende Beständigkeit in der Mundartgestaltung der Dillinger Regionalsprache auf. Marlies Böhm lebt in der saarländischen Hüttenstadt Dillingen, in der sie 1952 geboren wurde und als Lehrerin arbeitet. Während ihres Studiums setzte sie sich im Rahmen von Forschungsaufträgen des Deutschen Sprachatlasses mit Ortsmundarten wissenschaftlich auseinander. Seit 1975 verfasst sie Gedichte in Dillinger Platt. Zahlreiche Veröffentlichungen der viermaligen Preisträgerin im Mundartwettbewerb von Saarländischem Rundfunk und Saar Bank beweisen, dass sich Marlies Böhm in der Mundartszene des Saarlandes längst etabliert hat. Für die Frauentheatergruppe in ihrer Pfarrei und als Leiterin von Schultheatergruppen verfasste sie zahlreiche Spielszenen und Sketche. Viele Jahre lang arbeitete sie mit dem Komponisten Josef Monter zusammen und schrieb Texte für neue geistliche Lieder, Messen, Vespern, Kantaten.
Erschienen ist das Gedicht in der MundART-Anthologie „Herbst“, herausgegeben von Manfred Spoo im Kelkel-Verlag, Dillingen, ISBN 978-3-942767-03-3, der die Veröffentlichung freundlicherweise gestattet.
Herbscht
Äscht Vam Wént plackisch geschiddelt winken. Da Sónn ihr Féngern senn dénner génn. Blädder, geel ón rot wie Feier trillern sich beim Fällen en't fahl Gras. Da goldisch Oktober verseift én nassgròòer Néwwelsópp. Mach de Dier van deinem Herz dapper zou ón lóss de Flemm net renn.
Marlies Böhm