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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 04/2012:
Mia hann geschbilld am liebschde nua im Drägg von Manfred Spoo
Rostige Weltkultur
Gedicht des Saarlouiser Autors Manfred Spoo ist Mundarttext des Monats im April
Als Mundarttext des Monats im April 2012 wurde das Gedicht Mia hann geschbilld am liebschde nua im Drägg des aus Saarlouis stammenden Autors Manfred Spoo ausgewählt. Darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Die Gruppe hat sich für diesen Text entschieden, weil darin ein Stück regionaler Kultur- und Arbeitsgeschichte einen literarischen Ausdruck findet.
Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künstlern/innen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wertigkeit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins allgemeine Bewusstsein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören
Über den ausgesuchten Text schreibt Peter Eckert, saarländischer Schriftsteller und Sprecher der Bosener Gruppe:
Legt man als Maßstab an, dass ein regional gefärbtes Lied anderswo nicht
gesungen wird, dann hat unserere Saarregion wenige „eigene“ Lieder
hervorgebracht, die noch heute erkennbar einen Platz im
kollektiven
Gedächtnis einnehmen. Eines davon ist das wohl im frühen 20. Jahrhundert
entstandene „Mir hann geschbield …“. In einer Zeit, die das Singen des
überlieferten Liedgutes bestenfalls den
Traditionspflegern überlässt,
wäre dieses Lied inzwischen wohl weitgehend vergessen, hätte es nicht
1977 Anne Karin aus der Versenkung geholt und in einer fröhlichen
Fassung auf Schallplatte konserviert.
Neben dem Titel hat der nun ausgezeichnete Text von Manfred Spoo mit dem
Lied nur den Refrain gemeinsam. Er klingt als Erinnerung an eine fast
untergegangene Zeit, in der Bergbau und Schwerindustrie zum Alltag der
Menschen im Industriegebiet rund um die Uhr den Takt gaben, aber auch
das Einkommen sicherten und einen ganz eigenen Bestand an Bildern
schufen, wie z.B. das von den backenden Engelchen.
Wo früher Blitze zuckten, Funken regneten, der Himmel blutrot
leuchtete,
schweigt heute das zum Weltkulturerbe erhobene rostige
Industriedenkmal.
Früher hatte der Bergmann zwischen Prämienhaus und Grube sein Auskommen,
aber stets den Tod als Begleiter, wofür Namen wie Maybach und Luisenthal
stehen. Heute ist diese Angst von den Menschen genommen. Andere Ängste
treten an ihre Stelle, wie z.B. die Angst um die wirtschaftliche
Existenz, weil die Kohle auf Halde liegt und die Räder im Förderturm
still stehen.
Manfred Spoo legt mit diesem Text ein Stück im Refrain bereits
liedgewordene Vergangenheit vor, die es Wert ist, im Gedächtnis zu
bleiben.
Mia hann geschbilld am liebschde nua im Drägg
Daach fier Daach datt selwich Spill: De Hétt spuggd gliedisch Òwendrod. Roschdischbraun unn bludrod flackerd’ett am Horizond. Ett knirschd, gärgsd, kreischd, grummeld ett fauchd schròò in de Naad. Jeden Òwend kommt dat Spill als Kénner hamma droff gewaad: Glusisch-gliedisch zuckt da Himmel, Bliddse an da Zemmadägg Lichterfratzen greifen deich, greschd Gänsehaut, ett schuddert meich. „De Engelcher im Himmel backen“, saad de Mamma unn se lacht Unn mit ihrem Lied im Ohr hamma die Aue zugemacht: Mia hann geschbilld am liebschde nua im Drägg. Unn wo da Drägg am dickschde woar, do senn ma nemme weg. In da Siedlung gejeniwwa: Berschleit. Schaffen unner Daa. „Glück Auf!“ gesaad, e Kreiz geschlaa, enn de Gruuv gefaa. Pannneschibb unn Silikos’, Kaffekisch unn Prämienhaus, Maybach unn Luisenthal pischbern die nur ganz zart raus. Thomasbirn unn Windkonverter? Roschdisch iss de Weltkulduhr! Weißer Jubben, golden Knäbb? Kollen leijn off Halde nur! Unn ett Rad im Förderturm guggd in de Wind, ganz mied. Unn die Melodie im Kobb ess ett End vom Lied … Mia hann geschbilld am liebschde nua im Drägg … Unn wo da Drägg am dickschde woar, do senn ma nemme weg.
Manfred Spoo