Text des Monats

Gisela Bell
Gisela Bell

Monat 11/2011:
Gischda noch von Gisela Bell

Ernste Gedanken zum Abschied

„Gischda noch“ von Gisela Bell aus Überhern ist Mundarttext im November

Nohfelden-Bosen – Das Prädikat „Mundarttext des Monats“ erhält im November 2011 das Ge­dicht Gischda noch der saarländischen Autorin Gisela Bell. Darauf hat sich anlässlich der Herbsttagung das Kolloquium der Bosener Grup­pe ver­stän­digt. Das Gedicht wurde ausgewählt als gelungenes Beispiel da­für, dass Mundartdichtung sehr ernste Themen sprachlich und inhaltlich an­ge­mes­sen zur Geltung bringen kann.

In ihrem „BOSENER MANIFEST“ hat sich die Bosener Gruppe – Ar­beits­ge­mein­schaft für rhein- und moselfränkische Mundart – zum Ziel ge­setzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit darzustellen. Zusätzlich soll die Dialektsprache als Mög­lich­keit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert wer­den. Preiswürdige Texte werden auf Vorschlag der Mitglieder der Bo­se­ner Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Ent­schei­dungs­merk­mal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe ge­hö­ren u.a. die Mundartautoren Johannes Kühn, Heinrich Kraus, Relinde Niederländer, Hildegard Driesch, Helga Schneider, Karin Klee, Peter Eckert, Georg Fox, Bruno Hain, Ute Zimmermann, Thomas Liebscher, Manfred Pohlmann und Marcel Adam.

Gisela Bell ist geboren und aufgewachsen in Saarbrücken. Neben ihrem Brotberuf spielte sie zwei Jahrzehnte Theater im Amateurensemble „gruppe 63“; daneben war sie in den 80er Jahren auch Mitglied des Sulzbacher Stadtkabaretts. In den 80er Jahren kam sie, auch angeregt durch den damaligen Mundartwettbewerb, zum Schreiben; unter den aktiven Mundartautoren im Saarland zählt sie mittlerweile zu den „dienstältesten“. Bereits 1988 errang sie einen 1. Preis im Saar­län­di­schen Mundartwettbewerb, den „Goldenen Schnawwel“ erhielt sie 1990, weitere Preise folgten. Drei Bücher mit Texten in Mundart und Stan­dard­spra­che sind mittlerweile erschienen, zuletzt „Zeitträume“ (2004).

Peter Eckert, Sprecher der Bosener Gruppe, zu dem prämierten Text:

„Gischda noch“ lässt die Verzweiflung der Überlebenden ahnen, wenn ein Leben endet, ehe es nach unseren Erwartungen und Maßstäben richtig begonnen hat. Der Tod der gleichaltrigen Freundin, gesehen mit den Augen eines Kindes: Pläne, die Pläne bleiben, Hoffnung, die in Schmerz versinkt. Was selbst Erwachsene nicht verstehen können, muss die Möglichkeiten eines Kindes völlig übersteigen, wenn es sich unvorbereitet auch mit dem Gedanken an die eigene Endlichkeit kon­fron­tiert sieht. Verständlich, dass es diese Situation so empfindet, als fal­le es auch selbst ins Grab. Die uralte Frage, warum ein gütiger Gott die­ses Leid zulassen kann, kommt fast zwangsläufig auf und muss un­be­ant­wor­tet bleiben.

Gischda noch

zesamme gespield, gelachd,
fa die Zukunfd Plän gemachd,
eifrisch gelehrd fa’s Läwe.
Heid heil isch um Disch.

Un mei Teddy falld ins dungle Loch.
Un isch, isch falle, falle mid.

„Gottes Güte, Gottes Liebe“ 
klinge heid un hie wie pura Hohn.
Gäbbd’s ne iwwahaubd?
Wer wääs das schonn.

Un mei Teddy falld ins dungle Loch.
Un isch, isch falle, falle mid.

Gischda noch

zesamme simmelierd,
wohinn uns „Gottes Wille“ fiehrd.
Disch gans schnell ins Grab.
Misch weid weg vun sisch.

Un mei Teddy falld ins dungle Loch.
Un isch, isch falle, falle mid.

Gisela Bell

Der Text ist dem Buch „MundART Frühling“, erschienen im Kelkel-Verlag Dillingen, ent­nom­men. Die Veröffentlichung des Textes erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Kelkel-Verlags.