Text des Monats

Ursula Kerber
Ursula Kerber

Monat 07/2011:
School-Biller von Ursula Kerber

„School-Biller“

Als Mundarttext des Monats Juli wird das Ge­dicht School-Biller der in Überherrn lebenden Au­to­rin Ursula Kerber ausgezeichnet. Darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe ver­stän­digt. Wie eine Sprecherin der Gruppe, die saarländische Schrift­stel­le­rin Karin Klee, mitteilte, habe man dieses Gedicht aus­ge­wählt, weil hier in fünf knappen Strophen die gleiche Anzahl nach­den­kens­wer­ter Blicke auf das im Grunde unlyrisches Thema „Bildung“ geworfen wird.

Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künst­lern/in­nen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wer­tig­keit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins all­ge­mei­ne Bewusstsein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören Marcel Adam, Gisela Bell, Gérard Carau, Hildegard Driesch, Peter Eckert, René Egles, Georg Fox, Bruno Hain, Günther Hussong, Ursula Kerber, Jean-Louis Kieffer, Karin Klee, Heinrich Kraus, Johannes Kühn, Harald Ley, Thomas Liebscher, Liederschmitt, Hans Walter Lorang, Manfred Moßmann, Relinde Niederländer, Jo Nousse, Wolfgang Ohler, Manfred Pohlmann, Lucien Schmitthäusler, Helga Schneider, Norbert Schnei­der, Robert Schultz (am 27.11.2006 verstorben), Günter Speyer und Ute Zim­mer­mann.

Über den ausgezeichneten Text schreibt Karin Klee:

Die Poesie ist die Sprache der Bilder, und hier kennt sich eine Ursula Kerber gut aus. Kein Wunder also, dass sie uns gleich fünf mal in einem Haiku – ein Haiku ist eine japanische Gedichtform, bestehend aus in der Regel drei Zeilen, die jeweils 5-7-5 Silben enthalten – genau das zeigt, was sie sieht, wenn das Stichwort „Schule“ fällt. Sie beginnt mit den allerersten Erfahrungen aus einer Zeit, als auf dem Lehrerpult wie selbstverständlich immer auch ein Stock gelegen hat. Was es damals ebenfalls schon gab: Mobbing, woran sich Jahre später beim Klassentreffen keiner mehr erinnern mag. Wieder wechselt Ursula Kerber die Perspektive: Im dritten Haiku sehen wir von außen in die Schule herein, erfahren, dass Schule ein schöner Ort sein könnte, wären da nicht immer diese lauten und ungezogenen Kinder. Von dort ist der Weg nicht weit zur gut gemeinten Schulreformation, die diesen Ort zu einer Brutstätte für Einzelkämpfer macht. Und ganz zum Schluss, wenn immer noch weniger Kinder da sind, sagt uns Ursula Kerber, wie sich eine alte Schule dennoch rechnet: Ohne jeden Bildungsauftrag, dafür ganz einfach ausgestattet mit einer neuen Bestimmung. So vielfältig und verknappt gut kann nur Poesie sein.

School-Biller

fó’t Lewen lehren
en Häckchen móss séch krémmen
der Stock séngt

én der School dòmòòls
Johren vóller Spéchden
Klassentreffenlien

der Hausmääschder bréllt
iwwer’t Pausengekrääschs
de Kénner steeren

noch e Schoolreform
jederääner fénd sei Weech
lou wéi de gesischt

ém Turnsaal e Kneip 
de Klassen sénn Geschäfder
déi School lohnt séch

Ursula Kerber