Text des Monats

Helga Schneider
Helga Schneider

Monat 04/2011:
E Handvoll Lehme von Helga Schneider

Mundarttext des Monats von der pfälzischen Autorin Helga Schneider

Im April erhält das Gedicht E Handvoll Lehme der in Kaiserslautern lebenden Schriftstellerin Helga Schneider die Auszeichnung „Mundarttext des Monats“, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe bei seiner Früh­jahrs­ta­gung Mitte März verständigt. Das Gedicht wurde ausgewählt, so die saar­län­di­sche Schriftstellerin Karin Klee, eine Sprecherin der Gruppe, weil es mundartsprachlich gekonnt und inhaltlich reich an innerer wie äußerer Erfahrung ist.

Die Bosener Gruppe ist ein Zusammenschluss von Sprach-Künst­lern/in­nen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die hohe literarische Wer­tig­keit und Ausdruckskraft der regionalen Dialektsprache ins all­ge­mei­ne Bewusstsein zu rufen. Zur Bosener Gruppe gehören Marcel Adam, Gisela Bell, Gérard Carau, Hildegard Driesch, Peter Eckert, René Egles, Georg Fox, Bruno Hain, Günther Hussong, Ursula Kerber, Jean-Louis Kieffer, Karin Klee, Heinrich Kraus, Johannes Kühn, Harald Ley, Thomas Liebscher, Liederschmitt, Hans Walter Lorang, Manfred Moßmann, Relinde Niederländer, Jo Nousse, Wolfgang Ohler, Manfred Pohlmann, Lucien Schmitthäusler, Helga Schneider, Norbert Schnei­der, Robert Schultz (am 27.11.2006 verstorben), Günter Speyer und Ute Zim­mer­mann.

Zu dem ausgezeichneten Text schreibt die Homburger Autorin Relinde Niederländer:

In ihrem Gedicht „E Handvoll Lehme“ beschreibt Helga Schneider in ly­ri­scher Bildhaftigkeit, dass Neugestaltung aus Vergänglichkeit, ja auch aus Zerstörung hervorgehen kann. In einfühlsamer Betrachtung the­ma­ti­siert sie Steine (Wacke), die aufgrund langzeitiger kli­ma­ti­scher Verhältnisse dem unaufhörlichen Zerfallsprozess ausgesetzt sind. Die daraus entstandene Materie „Lehme, wääch wie Grum­beer­brei“ lässt sie auf gedankliche Art zur Substanz unseres Seins werden. Lehm erscheint als etwas Filigranes, die Natur bleibt indessen schöp­fe­risch ungerührt von Feinheit und Sensibilität. Das Gedicht löst beim Le­ser mit voller Absicht einen Prozess des Fragens und Weiterdenkens aus, umso mehr, als Helga Schneider in ihrer unnachahmlich ein­fühl­sa­men und eindringlichen Sprache beobachtet und nicht kom­men­tiert.

E Handvoll Lehme

E Handvoll Lehme
aus de Lehmekaut.
Wacke warns,
wo Hitz un Kelt
un Wind un Wasser
un winzischklääne Werzelcher
wer wääß wie lang
wer wääß wie oft
feinfitzelisch vemahl hann.

E Handvoll Lehme,
wääch wie Grumbeerbrei
in deine große Hänn,
hoscht Mensche draus gemacht –
un hie un do
wer wääß warum
e Wackebrocke
ninngeknet

fers Herz.

Helga Schneider