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die Bosener Gruppe

Text des Monats

Jean-Louis Kieffer
Jean-Louis Kieffer

Monat 05/2010:
Dau von Jean-Louis Kieffer

Dau, wer sonscht?

Als Mundarttext des Monats Mai 2010 wird das Gedicht Dau des aus Lothringen stam­men­den Mundartautors Jean-Louis Kieffer prä­miert. Da­rauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe auf seiner letzten Tagung verständigt. Wie die saar­ländische Schrift­stellerin Karin Klee mitteilt, habe man dieses Gedicht ausgewählt, weil es in seiner Kürze und Prägnanz keinen Zweifel daran lässt, wo die Stärke einer jeden Regional­sprache liegt: Im Ausdruck tiefer Verbunden­heit.

In ihrem Bosener Manifest hat sich die Arbeits­gemein­schaft für rhein- und mosel­fränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer heraus­ragenden Wertigkeit und Schönheit zu würdigen. Als eine der selbst­verständ­lichen Konse­quenzen hieraus soll die Dialekt­sprache als Möglichkeit einer anspruchs­vollen litera­rischen Gestaltungs­form präsentiert werden. Preis­würdige Texte werden je­weils auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Zur Bosener Gruppe gehören Johannes Kühn, Heinrich Kraus, Georg Fox, Ursula Kerber, Relinde Niederländer, Helga Schneider, Thomas Liebscher, Wolfgang Ohler, Peter Eckert, Karin Klee, Ute Zimmermann, Gérard Carau, René Egles, Marcel Adam, Gisela Bell, Jean-Louis Kieffer, Hans Walter Lorang, Harald Ley, Bruno Hain, Liederschmitt, Manfred Moßmann, Günther Hussong, Norbert Schneider, Günter Speyer, Hildegard Driesch, Manfred Pohlmann und Jo Nousse.

Über den ausgezeichneten Text schreibt der Autor Gérard Carau:

Es gibt Gedichte, die lassen sich nicht kommen­tieren oder brauchen es nicht, weil sie ganz für sich selber sprechen. Jean-Louis Kieffers Gedicht „Dau“ ist eines davon. Es spricht (im Namen von uns allen) einen Partner an, den die Leser nicht kennen müssen, den aber alle ins Herz schließen können, gerade so, wie der Autor es tun. Und gibt es ein schöne­res Bild für die Liebe als die „Grieben“ in der Pfanne, die „vor Lust“ zergehen? Und klingt das „dau“ in unserer mosel­fränki­schen Mundart nicht allemal vertrau­licher als „irgendein du“?

Dau

Eich vergehn wéi en Greiw in der Pann
Wenn dau mich aakuckscht.

Un mein Blout spruddelt von Freed
Wenn dau géer wellscht.

Et ganz Wasser von der Welt
Séngt in deinen Auen
Un dodrenn
Wéll eich
Ersaufen.

Jean-Louis Kieffer