//
die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 10/2009:
Gold von Ronald Euler
„Gold“ aus dem Elsass im Oktober
Als Mundarttext des Monats Oktober zeichnet die Bosener Gruppe, der Zusammenschluss von Künstlern/innen aus der Großregion des rhein- und moselfränkischen Sprachengebiets, das Gedicht Gold des elsässischen Schriftstellers Ronald Euler aus. Dies entschied das Kolloquium der Bosener Gruppe bei seiner Herbsttagung.
Zu dem ausgezeichneten Text schreibt die Waderner Schriftstellerin Karin Klee:
Der Goldpreis ist gestiegen. In Kreisen der Finanzwirtschaft bedeutet dies, dass der Wunsch nach Sicherheit und Stabilität selten groß ist. Und nicht erst seit der Geldkrise in den Finanzmärkten ist bekannt, was das Leben eines jeden Menschen entscheidend mitbestimmt: Das, was er besitzt, und ob ihm das genügt. Hinterfragwürdig wird dies alles erst, wenn – wie es in den ersten zwei konkreten Zeilen aus Ronald Eulers Text „Gold“ heißt – es ums Eingemachte, um die eigene Existenz geht. Wo der Schädel aufgemacht wird, fängt in der Regel die Bescheidenheit an. Doch Ronald Eulers Victor, ein Gewinnertyp, beginnt bereits im Krankenhaus mit dem, was er schon immer getan hat: Er geht zur Tagesordnung über, will leben, möglichst gut und aufregend, also lebt er wie gewohnt weiter und „dànzt“. Ronald Euler lässt ihn sprachbildlich zum tanzenden Tier werden. Der freie Vogel, der dem Krankenhaus entfliegt, der asthmatische Hund, der sich zuhause zum geschniegelten Hasen wandelt um endlich als Dandy im Kasino zu landen, wo er unter in die Jahre gekommenen Glucken und jungen Hühnchen den Glücksgockel gibt. In allen Zeilen bestimmt ein verzweifelt treibenden Takt die Richtung. Jeder Stabreim sitzt und verdeutlicht den Kraftakt eines Mannes, der den Tod im Leib gespürt hat. Der Kreis schließt sich, wenn Ronald Euler am Ende zurückfindet zu seiner Art Thema in französischer Sprache, das er dem Gedicht vorangestellt hat. Victor, den ewige Gewinner, vertanzt sein Leben auf dem goldenen Berg der Eitelkeiten.
Gold
Au Mont-Dore Victor danse plus fort que la Mort
Schäddel uff Un Tümor weg Dr Vöwel dànzt de Krànkeschwéschter schwàch Un dànzt sich üssem Spitàl fréi Dànn schnüft un huuscht dr asthmàtisch Hund sich de Stëj enuff Geschleckt gewichst gewienert dànzt dr Hàs de Stëj enà Dr Dàndy dänzelt iwwer de Stroß Un blitzt uff de Dànzbodde Vàm Kasino uffem goldene Berrisch Wu mr spillt gewinnt verliert Dort dànzt dr Gockel de àlte Glücke in de Bodde Dort dànzt r de junge Bibble erum un enum Bis ins Loch enin dànzt sich dr Victor Denn dr Victor verdànzt sin Lëwe
Ronald Euler
Schädel auf Und Tumor weg Der Vogel tanzt die Krankenschwester schwach Und tanzt sich aus dem Spital frei Dann schnauft und hustet der asthmatische Hund sich die Stiege hinauf Geschleckt gewichst geputzt tanzt der Hase die Stiege hinab Der Dandy tänzelt über die Straße Und springt auf den Tanzboden Vom Kasino auf dem goldenen Berg Wo man spielt gewinnt verliert Dort tanzt der Gockel die alten Glucken in den Boden Dort tanzt er die jungen Hühnchen herum und herum Bis ins Loch hinein tanzt sich der Victor Denn der Victor vertanzt sein Leben
Ronald Euler