Text des Monats

Monat 12/2008:
Kenn Zimmer meh frei von Günther Hussong

Nohfelden-Bosen - Als Mundarttext des Monats Dezember zeichnet die Bosener Gruppe das Gedicht «Kenn Zimmer meh frei» des Kirkeler Autors und Bühnenkünstlers Günther Hussong aus. Wie der Sprecher der Gruppe, der saarländische Schriftsteller Peter Eckert, mitteilt, wurde der Text ausgewählt, weil er das überlieferte Geschehen der Weihnachtsgeschichte einleuchtend mit unserer Zeit verknüpft.

In ihrem "BOSENER MANIFEST" hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit darzustellen. Preiswürdige Texte werden auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Guppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Mehr über die Gruppe auf http://bosenergruppe.saar.de.

Günther Hussong, geboren 1948 in Kirkel und nach Wanderungen quer durch die Republik dorthin wieder zurückgekehrt, ist bei einem ständig wachsenden Publikum als «de Plattmacher» von der lustigen Seite her bekannt und beliebt. Wie u.a. drei CDs belegen, ist sein Schaffen von unbeschwerter Komik und spitzfindiger Wortakrobatik geprägt. Mit seiner Kurzszene «Plato platt» wurde er 2005 als erster Saarländer Sieger beim pfälzischen Mundartdichterwettbewerb Dannstadter Höhe. Wie der jetzt ausgezeichnete Texz beweist, hat aber auch der ernste Günther Hussong etwas zu sagen.

Zu Hussongs Gedicht «Kenn Zimmer meh frei» schreibt Peter Eckert:

Eine der eindringlichsten Szenen der biblischen Weihnachtsgeschichte ist die Herbergssuche. Josef und die schwangere Maria werden überall abgewiesen und müssen schließlich darüber froh sein, wenigstens in einem Stall unterzukommen. Bei uns wäre das nicht passiert! Wirklich nicht? Wie viele von uns hätten sich wohl selbst in dieser Situation «richtig» verhalten? Herbergssuche und Hartherzigkeit haben auch heute noch viele Gesichter. Daran ändern auch die Tarnformel «Sachzwang» und die angeblich objektiven Gründe nichts. Entscheidend besser ist die Welt in zweitausend Jahren wohl doch nicht geworden.

Kenn Zimmer meh frei

E jungie Fraa met kleenem Kind
schun fascht e Johr kenn Wohnung find.
Sie hat kenn Mann, iss nett vun hie,
E Zimmer kriet se deswää nie.
Sie klingelt unn waart dann, bis uffgeht die Deer;
e Mann guckt se schroh an unn saat dann zu ehr:
              "E Kind macht Balaawer, meer brauche viel Ruh,
              kenn Zimmer meh frei, fa so enns wie du."

In Bethlehem, 's iss arisch spät,
vun Deer zu Deer e Päärche geht,
aus Nazareth sinn die zwää her,
die Fraa iss mied, sie oochdemt schwer.
Sie kriet ball e Kindche, sie kann kaum noch stehn,
unn doch gebt's kenn Herbärsch, wohin kennt se gehn?
      Die Wärtsleit, die saan nur, ehr komme zu spät,
      kenn Zimmer meh frei, 's iss alles beleet.

Doo kommt e Mann, sei Haut iss schwarz, 
ins Reschtaurant, 's iss ganz viel Platz;
de Kellner kommt unn saat nur knapp:
"Mei liewer Knescht, hau dabber ab.
Du steerscht unser Gäscht nur, ganz ehrlich gesaat,
mach schnell, dass de fortkommscht, du fehlscht uns noch grad.
               Meer wolle kenn Neescher, dass merkschde da jetzt,
               Kenn Disch iss meh frei, 's iss alles besetzt."

In Bethlehem, doo iss 's schun spät,
e Päärche dorch die Strooße geht;
e Wärtshaus kleen, doo gehn se rin,
die Stammgäscht siehn, dass 's Fremde sinn.
Die komme vum Norde, wou Lumpezeisch wohnt, 
met denne se schwätze sich wärklich nett lohnt. 
      Ganz bees die Leit gucke, de Wärt kommt gewetzt,
      kenn Disch iss meh frei, 's iss alles besetzt.

Günther Hussong