Text des Monats

Monat 05/2008:
Ääne raache... von Georg Fox

Mit blauem Dunst in den Mai
"Ääne raache..." von Georg Fox ist Mundarttext des Monats

Nohfelden-Bosen - Als Mundarttext des Monats Mai 2008 wird das Gedicht Ääne raache... des saarländischen Autors Georg Fox prämiert. Darauf hat sich auf ihrer Tagung das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Wie die Sprecherin der Gruppe, die saarländische Schriftstellerin Karin Klee, mitteilt, habe man dieses Gedicht ausgewählt, weil darin mit Ironie und scharfer Beobachtungsgabe der Finger in eine der größten menschlichen Wunden gelegt wird: die des Selbstbetrugs.

In ihrem Bosener Manifest hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit zu würdigen. Als eine der selbstverständlichen Konsequenzen hieraus soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Preiswürdige Texte werden jeweils auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören u.a. die Mundartautoren Johannes Kühn, Heinrich Kraus, Wolfgang Ohler, Relinde Niederländer, Peter Eckert, Ute Zimmermann, Hans Walter Lorang, Gérard Carau, René Egles, Marcel Adam, Gisela Bell, Manfred Pohlmann und Jean-Louis Kieffer.

Der pfälzische Schriftsteller Bruno Hain schreibt zum ausgesuchten Text:

Ein Anti-Rauchergedicht als Mundarttext des Monats in Zeiten der rauchfreien Kneipen und raucherfeindlichen Umwelt - das scheint Wasser in den Rhein (oder welches Gewässer auch immer) geschüttet zu sein. Aber der Text "Ääne raache..." von Georg Fox ist nicht ganz neu, Fox ein passionierter Nichtraucher, und um das Rauchen dreht es sich nur scheinbar. Unterm Strich geht es gegen jedes Suchtverhalten und die darin enthaltenen Selbsttäuschungen.
Als guter Beobachter hat er recht schnell registriert, wie man Zigaretten dreht, und wie fix dies zu handhaben ist. Die Geschwindigkeit imitiert Fox durch die Wortwiederholungen und die Benutzung von Wörtern mit kurzen Vokalen. Darin ist eine Verhalten gespiegelt: Man braucht dringend ein Mittel zur Stimulation, um andere Verhältnisse vorzugaukeln. Und da steht die Zigarette als Symbol für alle möglichen Mittelchen.
In der letzten Strophe tritt der Verführer auf den Plan: Mit der Aufforderung "mach midd" und dem Versprechen, dass all "de Kummer" verschwinden, zumindest "bis mòrje" begraben würde. Dass dies allerdings nur Lug und Trug ist, zeigt die Wiederholung des "Bis mòrje?" als Frage in der letzten Zeile des Gedichtes.

Ääne raache...

Gebb Feijer, holl här,
mach midd, mach midd!
Kumm geh doch mòò här,
geh bleib doch mòò dòò!
Gans schnell, gans schnell,
holl Feijer, mach midd 
nidd schwär, nidd schwär!

Holl Tuwwag, dreh rinn
midd Pabier ins Pabier!
Mach midd, unn rinn,
gans figgs rinn, nur rinn.
Kumm här, gans figgs,
glääb dsu, glääb dsu,
holl Feijer, mach midd!

Raach midd, raach midd,
so gudd, ach wie gudd,
wie Feijer so gudd!
Raach ääne, raach dswei
mit Feijer debei
kää Kummer, kää Wunner!

Unn mòrje, jòò mòrje,
wer wääs, wass dòò iss?
Die Sòrje vunn mòrje
Vergess, grad vergess.
Raach Feijer, nidd deijer
Raach dswei odder drei.

Wer jedds iwwerleed
iss bleed, ach so bleed.
Raach midd, mach midd
im Feijer un Raach
dief nunner de Kummer
iwwer die Dsung uff die Lung
all Sòrje begraab bis mòrje!
Bis mòrje?

Georg Fox