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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 03/2008:
Mei Sorjekind von Rolf Büssecker
Und sie lebt noch immer,
die Lieblingssprache
Nohfelden-Bosen - Als Mundarttext des Monats März 2008 wird Mei Sorjekind von Rolf Büssecker prämiert. Darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Wie die Sprecherin der Gruppe, die saarländische Schriftstellerin Karin Klee, mitteilte, habe man diesen Text ausgewählt, um zu verdeutlichen, dass gesellschaftlicher Wandel sich auch auf eine Sprache auswirkt, sie sogar zum Verschwinden bringen kann, dies jedoch kein Grund ist, sie zu vergessen.
In ihrem Bosener Manifest hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit darzustellen. Preiswürdige Texte werden auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Zur Bosener Gruppe gehören u.a. die Mundartautoren Johannes Kühn, Heinrich Kraus, Georg Fox, Wolfgang Ohler, Relinde Niederländer, Gérard Careau, Ute Zimmermann, René Egles, Gisela Bell, Manfred Pohlmann, Jean-Louis Kieffer und Marcel Adam.
Der Schriftsteller Bruno Hain schreibt zu dem ausgewählten Text:
Wer sich mit gleich welcher Mundart befasst, wird unweigerlich
feststellen, dass diese mehr und mehr im Wandel und im Verschwinden ist.
Ein ganz natürlicher Schwund entsteht durch die Modernisierung.
Handwerksberufe verschwinden und mit ihnen die Gerätschaften, ebenso die
dazugehörenden mundartlichen Fachbegriffe für die Werkzeuge. Wer mit
einem Vollernter in die Weinberge fährt, der braucht eben kein "Sesel"
mehr (wie es übrigens die alten Römer schon hatten) zum Trauben
schneiden. Auch die Mobilität trägt ein Gutteil dazu bei, dass Mundarten
im Schwinden sind. Man glaubt sich unverständlich auszudrücken, wenn man
plaudert, wie einem der Schnabel gewachsen ist, und ein regionaler
Akzent scheint gerade noch hinnehmbar. Selbst eingefleischte
Mundartverfechter dürften bei einer genauen Selbstbeobachtung
feststellen, dass es gelegentlich Dinge gibt, über die sie plötzlich in
der Standardsprache reden, obwohl dies auch sehr wohl in Mundart ginge.
All dies registrieren natürlich auch die Mundartautoren. Die Gedichte
über den Mundartverlust sind - oftmals mehr schlecht als recht - Legion,
da in solchen Texten meist nur unwiederbringliche Wortverluste (siehe:
"Sesel") bedauert werden.
Rolf Büssecker, der Verfasser des Gedichtes "Mei Sorjekind" sieht dies
aus einer anderen Perspektive. Er weiß, dass die Mundart wesentlich
älter als die Standardsprache ist, doch wie diese einem dauernden Wandel
unterliegt. Sie ist sein "Sorgenkind", das vor langer Zeit schon von
einem langsamen Sterben befallen wurde. Das ihr innewohnende Feuer -
Symbol für die Vielfalt der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten -
erkaltet, weil man angefangen hat "schön" zu sprechen und mundartliche
Begriffe durch standardsprachliche zu ersetzen. Das Gedicht ist nicht
nur ein Lamento über den Sprachverfall sondern zugleich auch ein Credo
auf die Vielfalt der Sprache - und es liegt an den Sprechern, dies unter
Beweis zu stellen.
Rolf Büssecker, der Autor dieses Monatstextes, wurde 1948 in Heidelberg
geboren, ist seit 1954 in der Pfalz und wohnt seit 1976 in Beindersheim.
Er arbeitet in Ludwigshafen und schreibt seit den 1960er Jahren
Gedichte, seit den 1980er Jahren auch in Mundart. Mit seinen Texten hat
er mittlerweile zahlreiche Preise bei Mundartwettbewerben in der Pfalz
bekommen und seine Gedichte erschienen in Zeitungen, Zeitschriften und
Anthologien.
Mei Sorjekind
Du bischd vor langer Zeit gebor, hoschd immer dich gewannelt, doch jetzert kummt mers grad so vor, du werschd vergeß, verschannelt. Drum halt ich dich, so feschd ich kann, du immer fer dich streite un hoff, du bischd net irgendwann verlor fer alle Zeite. Ich kämpf fer des geschriwwne Wort un redd mit Engelszunge un trotzdem gehschde vun uns fort, hab ich umsunschd gerunge? Wu is der Damm, der wu dich halt, wer stoppt des lange Sterwe? Die feirisch Glut werd langsam kalt, schun dut se grau sich färwe. Ä Middel gebts uff jeden Fall fer dich net zu verliere: Mer missen nor minanner all des Mundartfeier schiere.
Rolf Büssecker