Text des Monats

Monat 02/2008:
Dr Gockelfritz von Ronald Euler

"Dr Gockelfritz" ist Mundarttext des Monats

Auszeichnung für Ronald Euler aus dem Elsass durch die Bosener Gruppe

Nohfelden-Bosen - Mit dem Prädikat "Mundarttext des Monats" wird im Februar 2008 das Gedicht Dr Gockelfritz des Autors Ronald Euler ausgezeichnet. Der Text wurde als gelungenes Beispiel von Dichtung ausgewählt, in der sich Sprache und Inhalt eindrucksvoll verbinden.

In ihrem Bosener Manifest hat sich die Bosener Gruppe - Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart - zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit darzustellen. Preiswürdige Texte werden auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören u.a. die Mundartautoren/-innen Johannes Kühn, Heinrich Kraus, Relinde Niederländer, Hildegard Driesch, Helga Schneider, Ute Zimmermann, Peter Eckert, Georg Fox, Bruno Hain, Ute Zimmermann, Thomas Liebscher, Wolfgang Ohler, Manfred Pohlmann und Marcel Adam.

Zu dem ausgewählten Text schreibt Karin Klee, die Sprecherin der Gruppe:

Als ich das erste Mal auf Ronald Euler traf, hinterließ der erste Blick folgenden Eindruck: Der ist aber jung! Ja, Ronald Euler wurde 1966 in Saar-Union im "krummen Elsass" geboren und gehört damit zu den Nachwuchsschreibern unserer Region. Er beherrscht sein Französisch und liebt sein Platt, doch ist er einer, der sich mit den Ungereimtheiten und den Ungerechtigkeiten des Lebens auch literarisch befasst, ein Kämpfer und Mundaufmacher also. Sein Gedicht "Dr Gockelfritz" handelt von dem, was Ronald über seinen Vater Alfred zu sagen weiß. Einfühlsam, doch keinesfalls sentimental erzählt er darin die ganz individuell profane Lebensgeschichte eines Blechschmieds, der seinen Beruf gerne ausübte. Es klopfen und hämmern die Worte in den Zeilen, es steigert sich die Intensität von Strophe zu Strophe. Ronand Euler macht die Kraft, die hinter den Schlägen stecken muss, in Worten spürbar. Und je heftiger der Schmiedehammer haut, umso deutlicher wird, dass sich hier jemand etwas von der Seele schlägt: Das Leid, gegen einen Freund Krieg geführt haben zu müssen.

Fur de Alfred Euler,
minne Bàbbe

Dr Gockelfritz

Blechschmitt isch dr Bàbbe gewenn von Beruf
Un Spengler un àh Dàchdecker àb un zu
Schisshüssflicker un Kànemàcher dezu
Un Gockelhàhnhawwer sitter àss er ruht

In dr Hànd de Hàmmer, Schlàppe àn de Fieß
In dr Werkstàtt isch dr Fritz im Paradies

Un er kloppt s Blech un formt s, àss es màcht un knàllt
Un er haut s Blech un schlàt s, àss es schellt un schàllt
Un er schnidt s Blech un ziejt s, àss es krischt un brillt
Un es hilt s Blech un singt, noh sim Wunsch un Will'

Dànn wërd dr Hàhn in àll' Himmelsrichtung' gejäjt
Dàss er de Litt de Ohre voll johlt un krähjt

Un er kloppt sich s Soldàtelëd üss dr Seel
Dàss er de Schrej vom gefàllene Frind nitt heert
Un er kloppt sich de Schmerz üss'em Kerper un s Weh
Dàss es de Kanonedonner iwwerteent

Wie làng kloppt er noch, àss mr s im Himmel heert?

Ronald Euler

Blechschmied ist der Vater gewesen von Beruf / Und Spengler und auch Dachdecker ab und zu / Scheißhausflicker und Kandelmacher dazu / Und Gockelhahnhauer seit er ruht // In der Hand der Hammer, Schlappen an den Füß' / In der Werkstatt ist der Fritz im Paradies // Und er klopft das Blech und formt es, dass es macht und knallt / Und er haut das Blech und schlägt es, dass es schellt und schallt / Und er schneidet das Blech und zieht es, dass es kreischt und brüllt / Und es heult das Blech und singt, nach seinem Wunsch und Will' // Dann wird der Hahn in alle Himmelsrichtungen gejagt / Dass er den Leuten die Ohren voll johlt und kräht // Und er klopft sich das Soldatenleid aus der Seele / Dass er den Schrei vom gefallenen Freund nicht hört / Und er klopft sich den Schmerz aus dem Körper und das Weh / Dass es den Kanonendonner übertönt // Wie lange klopft er noch, dass man's im Himmel hört?