Text des Monats

Monat 10/2007:
Gu' Nacht von Susanne Faschon

Auszeichnung für die in Kaiserslautern geborene Autorin Susanne Faschon durch die Bosener Gruppe

Nohfelden-Bosen - Als Mundarttext des Monats Oktober wird das Gedicht Gu' Nacht der pfälzischen Mundartautorin Susanne Faschon prämiert. Darauf hat sich auf ihrer Tagung das Kolloquium der Bosener Gruppe verständigt. Wie die Sprecherin der Gruppe, die saarländische Schriftstellerin Karin Klee, mitteilt, habe man diesen Text von Faschon ausgewählt, weil er durch seine starke Bildhaftigkeit sofort einen tiefen Eindruck beim Lesenden erweckt. Susanne Faschon verstarb bereits 1995. Aber die Bestimmtheit ihrer Worte legt noch heute ein Zeugnis von der Stärke der Autorin ab, die für das mundartliche Schaffen in ihrem Sprachgebiet von großer Bedeutung war. Zu hören sind die ausgezeichneten Texte jeweils donnerstags im Radio über SR3 in der Zeit zwischen 11 und 12 Uhr.

Ute Zimmermann schreibt zu dem prämierten Text:

"Das ist Liebe!" entfuhr es spontan einem Mitglied der Bosener Gruppe, nachdem ich Faschons Text vorgelesen hatte. "Das absolut beste Buch dieser Art!" ergänzte mein Tischnachbar, mit Blick auf "Mei Gedicht is mei Wohret" (Landau 1988, S.16), das sehr eigene Mundartgedichte gleich einer höchst persönlichen Dokumentation über die schwere Krankheit ihres Mannes sammelt. Susanne Faschon, vielfach ausgezeichnet und rege publizierend, fragt am Ende des Buches zweifelnd, ob dem Todkranken Gedichte helfen, und wir können lesen, dass er selbst sie "bis zuletscht" ermutigt hat: "Schreib, schreib,/ damit des/ alles/ e bißje mäh/ Sinn krieht/ for mich./" Und genau das tut Faschon. Mal tröstend, mal verzweifelnd und am Ende reflektierend, dankbar für die gemeinsame Zeit. Ihre in "Gu' Nacht" noch demonstrierte liebevolle Selbstüberschätzung soll bald von der Realität eingeholt werden. Aber zu diesem Zeitpunkt noch packt sie nicht weniger als fünf aussagestarke Bilder in ihren notizenhaften Text zusammen, der nahezu beschwörend wirkt. Die Autorin macht sich ohne Vorrede zur Herrin über Energie und Zeit, über Natur und Naturgesetze. Sie weiß, dass am Morgen alles weiter seinen Weg gehen wird. Aber wenigstens die Nacht soll gut werden. Im Dunkeln fällt das Wegsehen leichter, und Wünsche und Illusionen verschaffen sich Gehör. Die Autorin selbst bezieht Kraft aus dem Erdichten unrealistischer, unerschöpflicher Fähigkeiten und verwandelt ihre tagsüber pflegenden Hände nachts in einen undurchdringlichen Schutzwall. Es ist beeindruckend, wie Susanne Faschon hier auf knappstem Raum Stärke und Entschlossenheit entwickelt. Dies gelingt ihr ehrlich, unprätentiös und in einer solchen Grenzsituation des Lebens äußerst glaubhaft. Zudem können wir heute diesen Text von seiner Enstehungsgeschichte völlig loslösen. Fänden wir ihn zufällig in der Nachttischschublade - wir würden wahrlich getröstet und gut einschlafen.

Gu' Nacht

Am Himmel schloofen 
die Blitz'.
Un du schloofscht
in meine
Hänn'
wie de Keern in
de Nuß,
wie's Mickche im
Bernstää,
wie de Ton in
de Glock'.

's kummt nix an dich! 

Susanne Faschon