//
die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 01/2007:
„Hurdy-Gurdy-Blues“ – das Leier-Lied der Melancholie von Wolfgang Ohler
Nohfelden-Bosen - Als Mundarttext des Monats Januar wird das Lied „Hurdy-Gurdy-Blues“ – das Leier-Lied der Melancholie des Zweibrücker Autors Wolfgang Ohler ausgezeichnet. Dies teilte die Sprecherin der Bosener Gruppe, die saarländische Schriftstellerin Karin Klee, mit. Die Gruppe hat diesen Text ausgewählt, weil er zeigt, wie lebendig und aktuell die Mundart mit zeitlos schwerwiegenden Themen umzugehen versteht.
In ihrem Bosener Manifest hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit darzustellen. Als eine der selbstverständlichen Konsequenzen hieraus soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Preiswürdige Texte werden auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören u.a. Johannes Kühn, Heinrich Kraus, Georg Fox, Relinde Niederländer, Gérard Carau, Ursula Kerber, Ute Zimmermann, Thomas Liebscher, Bruno Hain, René Egles, Gisela Bell, Manfred Pohlmann, Jean-Louis Kieffer und Marcel Adam.
Karin Klee schreibt zum Januar-Text:
„Hurdy-Gurdy“, so lautet der englische Name für den Leierkasten, auch für die Drehleier, ein Saiteninstrument, eine Fidel, bei der der Bogen durch eine Drehwalze ersetzt wird. Egal was und wie, Hurdy-Gurdy, das ist ein schöner Name für ein Instrument, das auf den ersten Klang nicht viele Möglichkeiten zur künstlerischen Variation zu besitzen scheint und daher - sorry - ein wenig schwierig und altertümlich ist. Eine Drehorgel am Straßenrand spielt immer dieselben Lieder, solange man nicht die Lochleiste oder das Lochband auswechselt. Eine Drehleier ist auf das Vermögen des Leiermannes oder der Leierfrau angewiesen. Wolfgang Ohlers Hurdy-Gurdy-Mann erzählt von einem, der im Leierkastenmann die melancholische Beliebigkeit des Lebens und das Fremdsein des Einzelnen unter Fremden entdeckt. Angelehnt an Wilhelm Müllers „Der Leiermann“ aus dem Liederzyklus „Die Winterreise“ (vertont von Franz Schubert), ist so ein Blues entstanden, den der Zweibrücker Michel Wack musikalisch umgesetzt hat. Dass das Zweibrücker Platt eine Prise Englisch verträgt (oder sollte ich 'aushält' sagen?), versteht sich historisch, also von selbst, und macht es dem Leser/Hörer leicht: Auch wenn nur eine verlorene Seele die alte Leier dreht, klingt ihr Lied am Ende doch immer weiter und für alle.
Hurdy-Gurdy-Mann
Nach Franz Schubert/Wilhelm Müller „Der Leiermann“ aus „Die Winterreise“
Uff de Gass do spielt de Hurdy-Gurdy-Mann, spielt mit klamme Finger, spielt so gut er kann, Singt e kleenes Lied geje die Winterkält, spielt un dräämt vun eener annere Welt. Niemand kennt ne, kenner guckt'm ins Gesicht. in sei leerer Hut fallt bloß Laternelicht. Kenner schenkt e Grosche, hat e guudes Wort, jeder denkt an sich, will dabber fort. Kenner will dich heere, kenner sprecht dich an, schwarze Köder knurre noh dem fremde Mann, kümmert's dich, es kommt doch, wie es will, spiel nur weiter, un dei Leier steht net still. Spiel nur weiter, spiel nur Hurdy-Gurdy-Mann, spiel dei Lied, ich bleib, so lang ich kann, hör der zu und wärm mich an deim kleene Lied, bin so alt wie du, bin alt un mied. Steht dei Hurdy-Gurdy endlich doch mool still, weil fer Himmels Lohn se nur noch spiele will, wie e Schatte bin ich dann an deiner Seit, kenn de Weg, geh mit, egal wie weit. Refrain: Spiel dei Lied, spiel Hurdy-Gurdy-Mann, dreh die Leier, irgendwann, irgendwann muss jeder mit, irgendwann is jeder dran, spiel nur Hurdy-Gurdy-Mann.
Wolfgang Ohler