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die Bosener Gruppe
Text des Monats
Monat 06/2006:
Juni von Thomas Liebscher
Nohfelden-Bosen - Mit dem Prädikat Mundarttext des Monats zeichnet die Bosener Gruppe im Juni 2006 Thomas Liebschers Gedicht Juni aus. Der Text wurde ausgewählt als gelungene Dichtung, die Mundart als Sprache der einfühlsamer Bilder zur Geltung bringt. In ihrem Bosener Manifest hat sich die Bosener Gruppe als Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer herausragenden Wertigkeit und Schönheit darzustellen. Zusätzlich soll die Dialektsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden.
Preiswürdige Texte werden auf Vorschlag der Mitglieder der Bosener Gruppe ausgewählt und juriert. Einziges Entscheidungsmerkmal ist die literarische Qualität eines Textes. Zur Bosener Gruppe gehören u.a. die Mundartautoren/innen Johannes Kühn, Heinrich Kraus, Relinde Niederländer, Gisela Bell, Hildegard Driesch, Helga Schneider, Ute Zimmermann, Jean-Louis Kieffer, Karin Klee, Peter Eckert, Georg Fox, Bruno Hain, Wolfgang Ohler und schreibende Musiker wie Hans-Walter Lorang, Jo Nousse, Manfred Pohlmann und Marcel Adam. Zum aktuellen Text sagt die Gruppe:
Thomas Liebscher schreibt im südfränkischen Dialekt und stammt aus dem Raum Bruchsal. Er wohnt in der Kurpfalz. Sein Gedicht beschreibt einen glücklichen Moment. Er skizziert alltägliche Ereignisse, die wenig spektakulär sind, jedoch eine feine Bedeutung haben, die in bewusster Reihenfolge und in Summe Freude, Wohlbefinden, Hoffnung, Verständigung, Liebe ausdrücken. Aber es wird eben nichts direkt benannt. Das Gedicht verschweigt die inneren Vorgänge, ja, es sucht sogar erstaunt nach Wörtern dafür. Nicht schwülstige Adjektive sondern Hauptwörter dominieren. Die einzigen vorkommenden Adjektive sind leicht und sonnig. Das Gedicht spielt mit der Tradition von Romantik und Liebesgedichten: der Garten, der Himmel, die Sonne, der Monat Mai. Der glückliche Moment lässt erstaunen und leiser werden. Die Verszeilen werden immer kürzer, als ob der Betrachter stammele und sich dem Schweigen nähere. Doch stattdessen tauchen am Ende Reime und eine Assonanz auf, Zwai, sei, debei, Mai, meh, die fast wieder ironisch gebrochen scheinen und doch die glückliche Stimmung in das weitere Leben retten.
Juni
Mir fällt uf oimol uf, dass im Vorgarde was blieht. Die Katz hot mich gonz leicht in de Arm gebisse. Den Kuli gfunne, den i seit zwai Woche such. Wie's Fahrrad heit saust bei dem Rickewind. Ufm Baurehof Spargel un Erdbeere gholt. Mol widder en Loddozeddel ausgfillt. Jetzt bloß im Garde sitze un lese. Do guck no. Irgendwas vum sunnige Himmel, des net im Wetterbericht gwest isch. Irgendwas muss mit uns zwai bassiert sei. Un debei hemmer doch gar koin Mai meh.
Thomas Liebscher